100 BAGGER von Christoph Mayer ist mal wieder eines dieser Finanzbücher, die nur so vor vollmundigen Versprechungen strotzen.
Finanzen & Investitionen

100 Bagger

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★★☆☆☆

100 BAGGER von Christoph Mayer* ist mal wieder eines dieser Finanzbücher, die nur so vor vollmundigen Versprechungen strotzen. In diesem Fall: Die Leser sollen tatsächlich lernen, wie man die außergewöhnlichsten Aktien entdeckt. Solche, die nicht nur zehn oder zwanzig Prozent Rendite bringen, sondern ihre Investition um das Hundertfache vermehren können. / Anzeige

Du fühlst dich schon nach dieser kurzen Einleitung wie im falschen Film oder in einem Telefonat mit Jordan Belfort?

Dann geht es dir wie mir, als ich die ersten Seiten dieses Buches gelesen habe. Denn der Autor startet direkt von null auf hundert und offenbart eine der unglaublichsten Erkenntnisse der Finanzgeschichte: Es existieren Aktien, die aus jedem investierten Euro 100 Euro machen können. Aber dabei möchte er es natürlich nicht belassen. Er zeigt seinen Leser ganz exklusiv, wie sie diese Aktien zielsicher finden können.

Eben scheinbar unbezahlbares Wissen auf den Sechser in der Finanzlotterie – und das für lediglich 29,99 Euro. Der geübte Beobachter wird sicherlich umgehend recherchieren, ob Christoph Mayer mit Mutter Theresa oder doch dem Weihnachtsmann verwandt ist. Aber das ist leider nicht der Fall. Eher könnte man eine Verbindung zum Sandmann herstellen, denn er konstruiert leidenschaftlich gerne Luftschlösser. Hoch in den Wolken und tief in den Träumen der Leser und Investoren, deren Geduld beim Marshmallow-Experiment auf dem Niveau des Krümelmonsters aus der Sesamstraße gewesen wäre.

Aber nun zurück zum Buch und wieder mit ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit.

Ab und zu geht es mit mir bei solchen Büchern mitunter durch. Aber es ist immer wieder faszinierend, welcher Schund in unserer scheinbar so analytisch reflektierten Finanzjournalismus-Bubble einen Platz erhält.

Grundsätzlich ist dieses Buch wirklich klar strukturiert. Inhaltlich beginnt es mit einer Einführung in das Konzept der 100-Bagger. Das sind eben jene Aktien, die im Laufe der Zeit enorm gewachsen sind. Gemeinhin führt man hier Amazon oder Apple als Beispiel an. Sonderlich mehr wird man ohnehin auch bei intensiver Recherche nicht finden. Denn es wäre ein Irrtum zu glauben, dass 100-Bagger die Regel wären. Stattdessen geben sich viele andere Gurus in der Szene eher mit 10-Baggern zufrieden. Eben Aktien, deren Wert sich über die Zeit verzehnfacht hat.

An dieser Stelle gehen die Worte dann wieder mit mir durch.

Denn Christoph Mayer hatte wohl eine Verkaufsschulung, bei der ihm vermittelt wurde, dass er gefälligst richtig große Brötchen backen sollte. „Shoot for the moon“ und so weiter.

Interessanterweise gleicht sein Buch exakt diesem Bild. Denn weiter lautet das Mantra bekanntlich: „Even if you miss, you will land among the stars.“ In diesem Sinne relativiert auch der Autor recht zügig seinen Anspruch. Er erklärt, dass seine Leser auch dann von seinem Buch profitieren werden, wenn sie womöglich niemals einen richtigen 100-Bagger finden. Denn zumindest würden sie nach der Lektüre etwas besser verstehen, wie der Aktienmarkt funktioniert.

Ehrlicherweise hätte ich ein solches Maß an Reflektiertheit gar nicht so schnell im Buch erwartet.

Möglicherweise wollte der Autor mit seinem Titel nur besonders hervorstechen. Ein weiteres Buch über 10-Bagger wäre sicherlich nicht so aufgefallen wie eben seines über 100-Bagger. Vielleicht sollte ich ein Buch über 1.000-Bagger schreiben und mich dann auf Kryptowährungen fokussieren.

Inhaltlich analysiert der Autor historische Fallstudien und versucht dabei Muster und gemeinsame Merkmale zu finden. Für ihn steht außer Frage, dass jeder Anleger solche herausragenden Aktien finden und im Portfolio halten kann. Unabhängig von der jeweiligen Erfahrung oder Ausbildung. Dass der menschliche Verstand absolut großartig darin ist, Zusammenhänge zu finden, selbst wenn es keine gibt, lässt er natürlich außen vor. Vielleicht sind ihm die Bücher von Rolf Dobelli, Daniel Kahneman und Nate Silver auch einfach nicht bekannt.

„Als Mayer die 100-Bagger der Vergangenheit untersuchte, zeigten sich eindeutige Muster.“
vom Backcover

Bei Christopher Mayer dreht sich alles um eine strukturierte, einfache und replizierbare Aktienauswahl.

Diese versucht, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, um Verluste zu vermeiden. Gleichzeitig soll sie signifikantes Wachstumspotenzial bieten. Dazu stellt er eine Reihe von Techniken vor, die seinen Lesern helfen sollen, bessere Entscheidungen zu treffen. Somit sollen sie Chancen nutzen, die anderen möglicherweise entgehen. Die Leser dürfen sich hier auf grundsolide Finanztipps freuen. Aber das ist eben nichts, was man nicht in einem gelungeneren Rahmen auch anderswo lesen könnte.

Neben theoretischen Konzepten versucht der Autor das Ganze vor allem durch Beispiele, Geschichten und Anekdoten aufzulockern.

Wenn du noch auf der Suche nach einem sehr guten Depot bist, kann ich dir dieses hier* empfehlen. Das für mich beste Girokonto im Filialbereich bietet die Santander Bank*, für reines Online-Banking die Comdirect* und dieses hier* ist für mich das beste Mobile-Banking-Konto. Weitere Empfehlungen meinerseits – auch zu Kreditkarten, P2P, Geschäftskonten und Co. – findest du hier.

Obgleich es irgendwie komisch klingt, appelliert er natürlich an eine langfristige Perspektive und warnt vor kurzfristigem Denken und Markt-Timing.

Aus seiner Sicht verpassen Anleger vor allem deshalb potenziell lukrative Investitionsmöglichkeiten. Stattdessen proklamiert er eine Strategie des „Kaufens und Haltens“. Inspiriert wurde er dazu von Investoren wie Thomas Phelps, die er in seinem Buch auch würdigt. Allerdings ist Kaufen und Halten kein Erfolgsrezept und bedarf vor allem bei Einzelaktien einer regelmäßigen Kontrolle. Doch das nimmt dann keinen so zentralen Raum im Buch mehr ein.

So kommt es auch, dass Christopher Mayer davon überzeugt ist, dass die Suche nach 100-Baggern kein Glücksspiel sei. Vielmehr ist es für ihn ein systematischer Prozess, der durch eine fundierte Analyse und Forschung gestützt wird. Er fordert seine Leser auf, Geduld zu haben. Sie sollen auf Unternehmen setzen, die echten Mehrwert schaffen und langfristig erfolgreich sein können. Klingt alles sehr vollmundig, hält aber leider keiner wissenschaftlichen Betrachtung stand. Ähnlich wie bei den Verkäufern der Schaufeln, Karten, Stiefel und Jeans. Sie haben den Goldsuchern auch nicht erzählt, dass es reines Glück ist, damit reich zu werden. Und für die allermeisten hat es kein schönes Ende genommen.

„In diesem Buch geht es um 100-Bagger. Das sind Aktien, die für jeden investierten Dollar 100 Dollar einbringen. Das bedeutet, dass sich eine Investition von 10.000 Dollar in eine Million Dollar verwandelt. In diesem Buch möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie sie finden können. Ich weiß, ich weiß. Das klingt nach einem ungeheuerlichen Unterfangen mit äußerst unwahrscheinlichen Erfolgsaussichten, so als ob man beim Poker einen Royal Flush erreichen wollte. Und ich hätte Ihnen vor nicht allzu langer Zeit wahrscheinlich zugestimmt. Aber dann habe ich angefangen, mich mit diesen 100-Baggern zu beschäftigen. Es lassen sich eindeutige Muster erkennen. (…) Es gibt nur wenige Wege, den Gipfel zu erklimmen, und wir werden diese im Folgenden aufzeigen.“
Christopher Mayer

An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:

Christopher Mayer ist einer der vielen Investment-Gurus und erschreckenderweise auch Bestsellerautor und Herausgeber mehrerer Investment-Newsletter. Mit seinem Buch Invest Like a Dealmaker: Secrets from a Former Banking Insider* hat er sich einen Namen gemacht. Mayer war früher Banker und sucht heute weltweit nach den besten Investment-Geschichten, die er mit seiner Leserschaft teilt.

Das Cover, der Titel und die Bindung des Buches sind auf den ersten Blick sehr ansprechend. Für knapp 270 Seiten und ein sehr schmuckloses Inneres sind mir die 29,90 Euro dann aber doch etwas zu viel.

Etwas befremdlich fand ich das Zitat des Autors auf dem Backcover, das auf den ersten Blick wie ein Testimonial wirkte:

„Dieses Buch wird die Art und Weise, wie Sie über das Investieren nachdenken, für immer verändern.“
Christoph Mayer

Für meinen Geschmack klingt das leider wieder zu typisch nach Investment-Pornografie.

Solche Versprechen geben in aller Regel nur die Finanzbuch-Autoren, deren Werke anschließend auf ganzer Linie nicht zu überzeugen wissen. Auch der Untertitel schlägt bei genauerer Betrachtung schon in diese Kerbe: „Aktien, die sich verhundertfachen – und wie man sie findet.“ Viel unseriöser geht es wohl kaum.

Nur, damit es noch einmal klar ist: Der Autor verspricht hier keine Rendite von 20 %, was schon absurd wäre. Vielmehr verspricht er den Lesern zu zeigen, wie sie Aktien finden, die Renditen von 10.000 % erwirtschaften. Und zwar nicht womöglich, sondern systematisch.

Da war ich natürlich sehr gespannt, was inhaltlich folgen würde.

Der Klappentext gibt da aber schon sehr früh weiterführende Informationen. Wie so häufig schaut der Autor sich im Rückspiegel an, was besonders gut gelaufen ist. Und dann versucht er zwischen diesen Aktien Ähnlichkeiten herauszufiltern. Müßig an dieser Stelle zu erwähnen, dass unser menschliches Gehirn ein Genie darin ist, Zusammenhänge zu erkennen, wo keinerlei bestehen.

Aber seine Leser können sich darauf verlassen, dass Christoph Mayer diese 100-Bagger für sie unter die Lupe genommen hat. Und nicht nur er. Natürlich hat er auch noch ein paar Leute eingeladen, die ihm und seinen Malen-nach-Zahlen-Analysen beipflichten.

Das Wichtigste, was die Leser direkt zu Beginn verinnerlichen müssen:

„Der nächste 100-Bagger wartet bereits auf Sie!“ Du hast richtig gelesen. Genau auf dich wartet die nächste Amazon-Aktie. Du musst nur dem typischen Schema folgen und dem Guru aus der Hand fressen. Der hat es selbst natürlich gar nicht nötig, den nächsten 100-Bagger zu finden. Leider wartet auf ihn auch keiner, er wartet nur auf dich. Und schreibt lieber ein Buch darüber und verdient 1 bis 2 Euro pro verkauftem Exemplar für die zig Stunden Arbeit.

„Kennen Sie 100-Bagger, Verhundertfacher? Das sind Aktien, die aus jedem investierten Euro 100 Euro machen. Aus 10.000 Euro wird also eine Million. Diese Aktien gibt es wirklich – und Chris Mayer hilft Ihnen, sie zu finden.“
vom Backcover

Klingt das für dich plausibel? Für mich jedenfalls nicht.

Und eben deswegen rate ich ganz dringend, Abstand von solcher Investment-Pornografie zu halten. Selbst wenn Gurus von 20 % risikofreier Rendite sprechen wie ein Philipp Müller, ist das schon absurder Stuss. Aber jemand will dir dabei helfen, den Sechser im Börsenlotto systematisch zu finden? Dann stehen die Wahrscheinlichkeiten in aller Regel noch schlechter als in der Bude um die Ecke.

Am Ende zwei Sterne, weil man zumindest zwischen den Zeilen noch einiges über Unternehmen und ihre Aktien lernen kann. Selbst wenn man die hochtrabenden Versprechungen des Autors mal komplett ausklammert und niemals einen 100-Bagger finden wird.

Fünf zentrale Lehren aus 100X BAGGER von Christoph Mayer:

1. Große Kursgewinne entstehen aus langfristigem Denken

Wer außergewöhnliche Renditen erzielen möchte, sollte auf Unternehmen setzen, die über viele Jahre echten Mehrwert schaffen. Kurzfristiges Markt-Timing führt meist zu verpassten Chancen.

2. Geduld schlägt Aktionismus

Anstatt ständig zu handeln, plädiert Mayer für eine „Buy and Hold“-Strategie. Geduld ist für ihn die Grundlage, um das volle Potenzial außergewöhnlicher Aktien zu nutzen.

3. Erfolgreiche Aktien weisen Muster auf – aber mit Vorsicht zu genießen

Der Autor versucht, wiederkehrende Merkmale erfolgreicher 100-Bagger zu identifizieren. Doch diese Muster sind retrospektiv und nicht zwangsläufig auf die Zukunft übertragbar.

4. Systematische Analyse statt Bauchgefühl

Mayer propagiert eine strukturierte und nachvollziehbare Vorgehensweise bei der Aktienauswahl. Wer diszipliniert analysiert, kann laut ihm bessere Entscheidungen treffen – auch ohne Profi zu sein.

5. Große Versprechen erfordern kritische Distanz

Die zentrale These – Verhundertfachung von Investments – klingt verlockend, bleibt aber ein Extremfall. Leser sollten solche Heilsversprechen stets hinterfragen und auf belastbare Fakten achten.

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