Ein kurzweiliges Finanzbuch für Einsteiger, das sich zum Ziel setzt, einen Überblick über verschiedene bekannte ETF-Strategien zu bieten.
Finanzen & Investitionen

Die besten ETF-Strategien der Welt

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★★★☆☆

DIE BESTEN ETF-STRATEGIEN DER WELT von Sinan Krieger* ist ein kurzweiliges Finanzbuch für Einsteiger. Der Autor hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Überblick über verschiedene bekannte ETF-Strategien zu bieten. Diesem Anspruch kommt er auf knapp 200 Seiten nach, bleibt für meinen Geschmack dabei aber deutlich zu unparteiisch und oberflächlich. Wer allerdings nur einen groben Überblick ohne tiefere Analysen oder gar kritische Einordnungen wünscht, ist mit diesem Buch gut bedient. / Anzeige

Mir persönlich war es am Ende doch zu wenig für eine sehr gute Bewertung. Dennoch ist es aus meiner Perspektive ein gutes und durchaus lesenswertes Finanzbuch. Insbesondere dann, wenn man bereits über etwas Hintergrundwissen verfügt und die kritischen Einordnungen beim Lesen selbst übernehmen kann.

Sinan Krieger nimmt die Leser in seinem Buch mit auf eine Reise quer durch die Welt der Exchange Traded Funds (ETFs).

Dabei zeigt er recht schnell, dass der Spieltrieb mancher Investoren auch vor ETFs kein Halt macht. Daraus können dann durchaus wissenschaftlich fundierte, aber auch emotional behaftete, gar obskure Ideen entstehen. ETFs sind mittlerweile zu meiner Freude zu einer der beliebtesten Anlageformen geworden.

Der wissenschaftlich fundierte Ansatz des Passiven Investierens mit einem Fokus auf dem sinnvollen Portfolioaufbau ist dabei aber mitunter verloren gegangen. Er verwässert zusehends in allseits beliebten Core-Satellite-Strategien. Dabei kann der Satellit als Synonym für so ziemlich jede Stufe des aktiven Investierens stehen. Aber auch emotional getriebene Priorisierungen von verschiedenen Branchen, Nischen oder Ausschüttungen werden in den vorgestellten Strategien abgebildet.

Der Autor geht mit dem Ziel an seine Übersicht, für die Anleger das Maximum aus diesen Indexfonds herauszuholen.

Dabei nutzt er insbesondere die Sharpe-Ratio als Gratmesser. Für mich persönlich eine erste – vor allem vermeidbare – Schwäche des Buches. Denn Sinan Krieger zeigt auf den ersten Seiten selbst, dass er sich der Grenzen dieser Risikokennziffer bewusst ist. Er liefert sogar eine etwas vorteilhaftere Alternative, aber nutzt dann später in seinen Backtests dennoch die Sharpe-Ratio. Für mich vollkommen unverständlich.

„Diese ‚Weiterentwicklung‘ oder ‚Verfeinerung‘ der Sharpe Ratio halte ich für äußerst sinnvoll, da sich in der Praxis wohl kaum ein Anleger über plötzliche Kursausbrüche nach oben beschweren würde, oder? Sie werden in diesem Buch deshalb häufiger auf beide Risikokennzahlen stoßen. Sofern in den Originalstudien angegeben oder beim Backtest möglich, basieren meine Gegenüberstellungen auf der Sharpe Ratio. Diese richtet sich noch ein Stückchen mehr an den Bedürfnissen der Anleger aus.“
Sinan Krieger

Diese Argumentation ist in sich nicht schlüssig. Laut Autor stellt die vorher auf der Seite beschriebene Sortino-Ratio eine „äußerst sinnvolle Weiterentwicklung oder Verfeinerung der Sharpe Ratio“ dar. Weshalb gebraucht man sie dann nicht auf den folgenden Seiten primär? Und weshalb ist die Sharpe Ratio dann gleichzeitig, trotz all der Nachteile, „mehr an den Bedürfnissen der Anleger ausgerichtet“? Das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn.

Warum nutzt man nicht auch in Büchern für Einsteiger endlich einmal komplexere und realitätsnahe Risikokennziffern zur Beurteilung von Portfolioentwicklungen?

Bislang habe ich noch in keinem einzigen Finanzbuch Untersuchungen auf Grundlage von Schiefe (Skewness) und Wölbung (Kurtosis) oder gar Ko-Kurtosis entdeckt. Kennzahlen, die erschreckend wenige aktive Anleger da draußen überhaupt kennen oder gar anzuwenden wissen.

Man könnte mit Nassim Talebs Worten behaupten, dass sie sich des eigentlichen Risikos gar nicht bewusst sind. Wer mithilfe von Standard-Abweichung und Volatilität das Risiko seines Investments beurteilt, der trägt ein Risiko, das er gar nicht kennt. Meine Intention ist es nun allerdings nicht, einen Statistik-Vortrag zu halten. Aber es ist mir wichtig, ein Stück weit auf die geballte Unwissenheit da draußen aufmerksam zu machen.

Inhaltlich nutzt Sinan Krieger leider keine dieser höherwertigen Risikokennziffern, sondern belässt es bei Standard-Abweichung und Volatilität.

Das verwässert die „kritische Einordnung“, wenn man es überhaupt so nennen mag, der 17 unterschiedlichen ETF-Strategien zumindest etwas. Darunter sind viele einfache Buy-and-Hold-Strategien, aber auch einige komplexere Timing-Strategien. An dieser Stelle nochmal ein starker Reminder an alle, die sich allzu gerne verlocken lassen: „Time in the market beats timing the market.“
Ken Fisher

Zu Beginn erläutert Sinan Krieger ausführlich die Sinnhaftigkeit von ETFs als Anlagevehikel. Für ihn sind sie die ideale Anlageform für lange Horizonte. Gerade bei Investoren mit kurz- und mittelfristigem Horizont sieht er allerdings Nachbesserungsbedarf und möchte Abhilfe schaffen.

Er unterstreicht mehrfach, dass Investoren oft nicht die Geduld oder die finanziellen Möglichkeiten haben, um jahrzehntelang auf Renditen zu warten. Deshalb ermutigt er die Leser in diesem Zusammenhang dazu, ihre Anlagestrategien sorgfältig zu überdenken und auf ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. Mir persönlich geht das allerdings nicht weit genug. Ich lese diese „Individualitäts-Argumente“ immer wieder in Finanzbüchern für Einsteiger, gehe da aber einfach nicht mit.

Für mich ist es weniger sinnvoll, emotionalen Wesen emotionale Strategien an die Hand zu geben, um sie zufriedenzustellen.

Denn inzwischen ist es einfach wissenschaftlich belegt, dass dies nicht unbedingt die beste Idee ist. Dazu muss man nur Gierig. Verliebt. Panisch* von Jessica Schwarzer oder Die Kunst des klaren Denkens* von Rolf Dobelli lesen.

Meiner Meinung nach wäre es deutlich sinnvoller, unablässig zu vermitteln, dass Emotionen an den Kapitalmärkten nichts zu suchen haben. Insbesondere, wenn es sich bei den Lesern um Einsteiger handelt. Weder Gier noch Angst oder Sympathie mit Unternehmen oder Marken erweisen sich in diesem Zusammenhang als zielführend. Erfahrene Investoren haben Wege gefunden, ihre Emotionen zumindest zu kanalisieren. Aber definitiv überlassen sie ihnen nicht die Oberhand, wenn es um Investitions-Entscheidungen geht.

Wenn du noch auf der Suche nach einem sehr guten Depot bist, kann ich dir dieses hier* empfehlen. Das für mich beste Girokonto im Filialbereich bietet die Santander Bank*, für reines Online-Banking die Comdirect* und dieses hier* ist für mich das beste Mobile-Banking-Konto. Weitere Empfehlungen meinerseits – auch zu Kreditkarten, P2P, Geschäftskonten und Co. – findest du hier.

Deswegen, auch wenn euch mal wieder irgendein 08/15-Finanzblogger dazu geraten hat: Kauft keine Aktien von Unternehmen, die ihr gerade besonders toll findet, selbst nutzt oder dergleichen.

Das mag ein „spannender“ und „attraktiver“ Einstieg in den Aktienmarkt sein. Es hat aber rein gar nichts mit seriösem Investieren zu tun. Und offen gestanden hat ein Großteil der Menschen weder die Zeit noch das Kapital für solche Eskapaden bei der Altersvorsorge.

„Auf […] können Sie als Privatanleger nahezu jede Strategie ‚backtesten‘, also die Performance der Vergangenheit anzeigen lassen. Die Auswertungen gehen aber noch viel weiter als nur die reine Kursentwicklung. Die angesprochenen Sharpe und Sortino Ratios lassen sich ebenso abrufen wie die maximalen Drawdowns, etwaige Erholungszeiträume, rollierende Renditen und noch vieles mehr. Vor allem die Anzeige der rollierenden Renditen macht die Auswertungen so spannend: Anleger können so nämlich schauen, nach wie vielen Jahren sie mit einer bestimmten Strategie selbst zum schlechtestmöglichen Einstiegszeitpunkt wieder im Plus gewesen wären.“
Sinan Krieger

Da beinahe das ganze Buch auf dieser Argumentation beruht, wird selbstverständlich auch eine ganze Reihe von Tools dafür vorgestellt. Diese machen jedoch aus einem eigentlich passiven Ansatz mit wissenschaftlichem Fundament einen Backtesting-Wahnsinn. Dabei sollte man jedoch wissen: Backtests zeigen nur, was in der Vergangenheit passiert ist, und begründen nicht, weshalb es passiert ist. Sie sind dadurch maximal ein Indikator, aber niemals der primäre Gratmesser.

Jeder Wirtschaftsstudent sollte wissen, dass gerade in langen Kapitalmarkt-Datenreihen mitunter krasse Ausreißer enthalten sind, die die Richtung vorgeben können. Ein einziges Unternehmen wie z. B. Enron, Wirecard und Co. kann durch unvorhersehbare Skandale die gesamte Performance verfälschen. Backtests sind sicherlich durchaus interessant, aber mehr eben auch nicht. Man sollte sie definitiv nicht allzu sehr glorifizieren oder gar als „Wissenschaft“ darstellen. Genau das passiert allerdings unter Finfluencern immer wieder.

An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:

Sinan Krieger ist Wirtschaftsjournalist und Mitbegründer eines erfolgreichen YouTube-Finanzkanals. Er arbeitete in seiner Karriere unter anderem für das Handelsblatt und Focus Money. Heute schreibt er als Autor für BÖRSE ONLINE.

Schlussendlich hätte ich von einem selbsternannten Best-of-Buch eines erfahrenen Finanzjournalisten etwas ausgefeiltere Rendite-Risiko-Bewertungssysteme oder kritische Einordnungen der vorgestellten Strategien erwartet. Der entsprechende Anteil im Buch erscheint mir in der Rückschau recht blass geblieben zu sein. Schade!

„Es ist eindeutig zu sehen, dass jene Unternehmen, die ihre Dividende kontinuierlich steigern konnten, nicht nur langfristig die beste Performance verbuchen, sondern gleichzeitig auch am wenigsten stark schwanken und somit das beste Rendite-Risiko-Verhältnis aller Aktiengruppen in der Studie aufweisen.“
Sinan Krieger

Gerade im Hinblick auf Dividenden-Strategien tappt Sinan Krieger meiner Meinung nach in Henne-Ei-Problematiken.

Er macht es sich mit seinen Backtest-Kauselketten schlichtweg zu einfach. Darüber hinaus lässt er in den weiteren Ausführungen steuerliches Hintergrundwissen vermissen:

„Wieso ich diese Strategie so charmant finde? Weil sie eine tolle Ergänzung insbesondere für Arbeitnehmer oder Rentner sein kann, die an einen monatlichen Zahlungsturnus gewöhnt sind. Klar, die Dividendenrendite steigt nicht, nur weil die Ausschüttungen auf insgesamt zwölf Monate aufgesplittet werden, aber es kann für einige Leute in Bezug auf ihre Finanzplanung durchaus attraktiv sein, wenn sie sich auf eine monatliche Ausschüttung verlassen können.“
Sinan Krieger

Eine der naivsten Argumentationen hinsichtlich Dividenden-Ausschüttungen, die ich allerdings immer wieder lesen muss.

Selbstverständlich ist es nett, jeden Monat Dividenden ausgeschüttet zu bekommen. Man darf aber nicht vergessen, dass Dividenden nicht on top gezahlt werden, sondern das Portfolio um ihren Wert schrumpfen. Sie haben exakt denselben Effekt auf das Portfolio wie ein Teilverkauf. Dieser wäre steuerlich allerdings deutlich günstiger. Denn bei einem Teilverkauf (alles oberhalb des Steuerfreibetrags betrachtet) muss nur der Gewinnanteil versteuert werden. Bei ETFs sogar nur zu 70 %. Bei einer Ausschüttung ist jedoch der gesamte Betrag zu versteuern. Teilverkäufe können darüber hinaus individualisiert werden. Bei den heutigen Brokern sind sie mitunter sogar kostenneutral oder zumindest – den Steuervorteil berücksichtigt – zu nicht nennenswerten Kosten ausführbar.

Dass das überhaupt noch als Argument verwendet wird! Entweder die Leute verstehen es nicht oder sie wollen es einfach nicht verstehen. Aber Dividenden sind oberhalb des Steuerfreibetrags nicht viel mehr als eine emotionale Negativprämie.

An sich bleibt es aber ein interessantes Buch.

Mit etwas mehr Aufwand und einem kritischeren Blick könnte es sicherlich auch zu einem sehr empfehlenswerten Buch werden. Aus Sicht eines Privatinvestors frage ich mich: Was bringt mir ein Finanzbuch, wenn es mir einfach nur Strategien vorstellt, aber dabei das Wesentliche nicht anspricht? Wenn es also nicht den Finger in die Wunde legt, indem es die emotionalen Schwächen der Menschen anspricht etc. Es macht für mich keinen Sinn, mit emotional beeinflussten Strategien die Irrationalitäten mancher Investoren zu bedienen.

Dementsprechend kann ich diesem Buch am Ende nur drei Sterne geben. Es bietet zwar einen guten Überblick und wurde grundsätzlich in Ansätzen gut erarbeitet. Aber es stellt in keiner Weise den großen Wurf dar. Erst recht kommt es nicht an sonstige Einsteigerwerke von Jessica Schwarzer, Gerd Kommer, Pirmin Hotz oder Tony Robbins heran.

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