Lügen, Skandale, Gedächtnislücken: Wie unsere Politiker den Respekt verspielen

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Steuern & Politik

Ich muss ehrlich sagen: Wenn ich heute die Nachrichten lese, Interviews verfolge oder politische Debatten im Bundestag anschaue, spüre ich mehr und mehr ein Gefühl, das mich lange Zeit nur selten begleitet hat – Fremdscham. Und nein, das ist kein politisches Statement, kein Seitenhieb auf bestimmte Parteien oder Ideologien. Es ist ein persönlicher Eindruck, der sich immer stärker verfestigt. Ein Eindruck, der sich nicht mehr verdrängen lässt. Denn das, was wir in der deutschen Politik derzeit erleben, hat mit verantwortungsvoller Führung nur noch wenig zu tun.

Wir erleben eine politische Bühne, auf der Lügen, Skandale, Gedächtnislücken und Selbstinszenierung längst den Ton angeben. Politiker, die für ihre Aussagen und Taten keine Konsequenzen tragen müssen. Politiker, die ihre Wähler täuschen, sich selbst bereichern oder schlichtweg nicht mehr wissen wollen, was sie vor wenigen Monaten noch gesagt haben. Und dann wundern wir uns, warum so viele Menschen das Vertrauen in die Politik verlieren?

Wenn Erinnerungslücken politisch nützlich sind

Nehmen wir das Beispiel unseres scheidenden Bundeskanzlers Olaf Scholz. Die Vorladung im Rahmen des Cum-Ex-Skandals war kein kleines Kavaliersdelikt. Es ging um einen mehr als begründeten Verdacht – und doch blieb am Ende nichts übrig, weil Scholz sich an entscheidende Gespräche einfach nicht mehr erinnern konnte. Nicht etwa, weil es keine Beweise gab, sondern weil seine Erinnerung ausgerechnet dort endete, wo es brisant wurde. Und das reicht offenbar aus, um ungeschoren davon zu kommen.

Für mich ist das ein fatales Signal. Was soll das für ein Vorbild sein – für junge Menschen, für zukünftige Führungskräfte, für jeden einzelnen von uns? Wenn der höchste Repräsentant unseres Landes nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, weil er sich an kritische Inhalte „leider nicht erinnern kann“?

Aber es wird noch absurder: Der gleiche Mann, der sich hinter Erinnerungslücken versteckt, appelliert im Wahlkampf an Respekt und Werte, um anschließend seinen ehemaligen Finanzminister öffentlich im Fernsehen zu demontieren. Wie passt das zusammen? Wo ist da die moralische Instanz geblieben, die so gerne beschworen wird?

Versprecher, Plagiate und diplomatische Fettnäpfchen

Auch unsere Außenministerin hat über Jahre hinweg Schlagzeilen produziert – allerdings nicht durch diplomatische Meisterleistungen, sondern durch eine Aneinanderreihung von Versprechern, peinlichen Auftritten und einem Plagiatsskandal rund um ihr Buch Jetzt – wie wir unser Land erneuern. Und was passiert? Sie wird nach ihrer Amtszeit mit einem prestigeträchtigen, hoch dotierten Posten bei den Vereinten Nationen belohnt. Wie soll ich das jemandem erklären, der hart für seinen Abschluss gearbeitet hat, der sich für ein Bewerbungsgespräch akribisch vorbereitet, der sich fair durch den Arbeitsalltag kämpft?

Wenn solche Karrierewege zur Normalität werden, verlieren wir jedes Maß. Es geht mir nicht um persönliche Angriffe, sondern um die grundsätzliche Frage: Ist Integrität in politischen Spitzenpositionen überhaupt noch ein Kriterium? Oder zählt nur noch die Parteizugehörigkeit und das diplomatische Netzwerken hinter verschlossenen Türen?

Lügen im Wahlkampf, Kurswechsel nach der Wahl

Und dann wäre da noch Friedrich Merz – ein Mann, der sich aktuell als kommender Bundeskanzler positioniert. Seine Auftritte im Wahlkampf, seine Versprechungen, seine Kritik an der bisherigen Regierung: alles glasklar und unmissverständlich formuliert. Nur um wenige Tage nach der Wahl das exakte Gegenteil umzusetzen und mit einem Schulterzucken zu behaupten, er hätte das nie gefordert. Dabei gibt es Videoaufnahmen, Interviews, Wortprotokolle – alles dokumentiert. Und dennoch bleibt auch er unbehelligt.

Für mich ist das keine Kleinigkeit. Es ist ein eklatanter Vertrauensbruch. Ich frage mich ernsthaft, wie wir als Gesellschaft das einfach so hinnehmen können. Wie viele offene Lügen müssen noch folgen, bis wir merken, dass wir systematisch hintergangen werden?

Und nochmal: Es geht mir nicht darum, ob seine politischen Inhalte sinnvoll sind oder nicht. Es geht einzig und allein um Ehrlichkeit. Um den Respekt gegenüber den Menschen, die ihr Kreuz bei einer Wahl setzen.

Theater statt Politik – was läuft hier falsch?

Was mich besonders ratlos macht: Diese Verhaltensweisen scheinen nicht nur akzeptiert, sondern fast schon eingeplant zu sein. Es wirkt, als sei es völlig normal, seine Wähler anzulügen, leere Versprechungen zu machen oder sich der Verantwortung zu entziehen. Hauptsache, man steht am Ende gut da und hat das eigene Mandat gesichert. Das politische Schauspiel wird zur Bühne für Egoismen, nicht für echte Führungspersönlichkeiten.

Und ich frage mich: Wo bleibt der Aufschrei? Wo sind die Stimmen derjenigen, die diesen Zustand nicht mehr hinnehmen wollen? Warum schweigen so viele Parteimitglieder, obwohl sie es doch selbst besser wissen müssten?

Haben wir den Anspruch an unsere Politiker verloren?

Es ist diese stille Kapitulation vor der Mittelmäßigkeit, die mich umtreibt. Diese fast schon zynische Akzeptanz, dass Politik eben so ist – und man es nicht ändern könne. Doch genau das ist ein gefährlicher Irrweg. Wir brauchen nicht mehr politische Programme, wir brauchen mehr Charakter. Mehr Klarheit. Mehr Integrität.

Ich wünsche mir nicht mehr und nicht weniger als Politiker, die ihre Aufgabe mit Würde und Ehrlichkeit erfüllen. Die wissen, dass sie Vorbilder sind. Die nicht nur vom Respekt sprechen, sondern ihn selbst verkörpern – durch ihr Verhalten, durch ihre Entscheidungen, durch ihre Worte.

Und ich frage mich ernsthaft: Haben wir solche Persönlichkeiten wirklich nicht mehr? Oder wollen wir sie einfach nicht mehr?

Meine Buchtipps im Bereich Politik:

1. Farm der Tiere von George Orwell*

    Diese politische Fabel zählt zu den eindrucksvollsten Werken der Weltliteratur. Orwell beschreibt, wie eine Revolution gegen Unterdrückung schleichend selbst in ein totalitäres System kippt. Besonders eindrucksvoll ist die Darstellung von Machtmissbrauch, Propaganda und der schrittweisen Verdrehung ursprünglich idealistischer Ziele. Die berühmte Aussage „Alle Tiere sind gleich, aber einige sind gleicher als andere“ bleibt sinnbildlich für politische Systeme weltweit. Eine zeitlose Pflichtlektüre für alle politisch Interessierten.

    „Irgendwie schien es, als ob die Farm reicher geworden wäre, ohne die Tiere selbst reicher zu machen – außer den Schweinen und Hunden natürlich.“
    Aus der Fabel Farm der Tiere von George Orwell

    2. Die 10 Irrtümer der Anti-Kapitalisten von Rainer Zitelmann*

    Ein faktenreiches und pointiertes Werk, das mit den gängigsten Mythen rund um den Kapitalismus aufräumt. Rainer Zitelmann widerlegt zehn zentrale Argumente der Kapitalismuskritiker mit fundierten Daten, historischen Analysen und internationalen Umfrageergebnissen. Statt ideologischer Debatten bietet das Buch sachliche, nachvollziehbare Argumentationslinien – ideal für politisch Interessierte und kritische Leser. Besonders spannend ist der zweite Teil, der die weltweite Wahrnehmung des Kapitalismus beleuchtet und gesellschaftliche Vorurteile offenlegt. Eine klare Empfehlung für alle, die wirtschaftspolitische Diskussionen differenzierter verstehen wollen.

    „Warum ein solches [sozialistisches] System scheitern muss, hat Ludwig von Mises bereits 1922 (also fünf Jahre nach Errichtung des ersten sozialistischen Staates in der Sowjetunion) theoretisch in seinem Buch »Die Gemeinwirtschaft. Untersuchungen über den Sozialismus« begründet. Und die historische Entwicklung in den vergangenen 100 Jahren hat Ludwig von Mises bestätigt – und Karl Marx dann auch in der Praxis so eindeutig widerlegt, wie wohl nie zuvor eine Theorie widerlegt wurde.“
    Rainer Zitelmann

    3. Gier nach Privilegien von Nickolas Emrich*

    Ein schonungsloses Buch über die verborgenen Mechanismen unseres politischen Systems. Nickolas Emrich zeigt, wie nahezu alle gesellschaftlichen Gruppen von Privilegien profitieren – oft unbewusst und dennoch zum Nachteil des Gemeinwohls. Er analysiert, wie Politik immer mehr zum Verteilungskampf um Sonderrechte geworden ist, während echte Gleichbehandlung auf der Strecke bleibt. Besonders stark: der reflektierte Blick des Autors auf seine eigene Rolle im System. Ein mutiger Appell für mehr Eigenverantwortung und weniger politische Einflussnahme.

    „Die gesamte Gesellschaft ist durchzogen von Privilegien für bestimmte Gruppen. Subventionen für bestimmte Wirtschaftszweige, Steuervorteile für ein bestimmtes Verhalten, Pension statt Rente für Beamte, Immunität für Diplomaten, lukrative neue Posten für Parteifreunde – an zahlreichen Stellen steuert die Politik die Gesellschaft mit Privilegien. Während private Privilegien nur Ausdruck einer individuellen Verschiedenheit aufgrund unserer Entscheidungen sind, tangieren die gesetzlichen Privilegien die Gleichberechtigung und damit das Gerechtigkeitsgefühl vieler Menschen. Wir können und wollen nicht ergebnisgleich sein, sonst wären wir keine Individuen, dennoch möchten wir natürlich vor dem Gesetz gleich behandelt werden und zumindest vonseiten des Staates die gleichen Chancen erhalten.“
    Nickolas Emrich

    4. Warum andere auf Ihre Kosten immer reicher werden von Andreas Marquart & Philipp Bagus*

    Dieses Buch räumt auf mit gängigen Fehlannahmen über Banken, Inflation und soziale Gerechtigkeit – fundiert, klar und verständlich. Die Autoren zeigen, wie das staatsmonopolitische Geldsystem systematisch Vermögen umverteilt – und zwar weg von der arbeitenden Bevölkerung hin zu staatlich begünstigten Gruppen. Auf Basis der Österreichischen Schule der Nationalökonomie beleuchten sie die wahren Ursachen wirtschaftlicher Ungleichheit. Statt emotionaler Debatten liefern sie faktenbasierte Erklärungen zu einem oft verkannten Systemproblem. Ein Must-Read für alle, die unser Geldsystem wirklich verstehen wollen.

    „Wer die Bevölkerung bei Laune halten, Stimmen kaufen oder Wahlversprechen einhalten will, der muss viel Geld in die Hand nehmen. Aber woher nehmen? Steuern sind nicht gerade beliebt. Zeigen sie doch, dass Staatsausgaben und Wahlgeschenke Kosten verursachen und nicht vom Himmel fallen. Was würde sich zur Lösung von Geldproblemen also besser eignen, als selbst an der Produktion von Geld beteiligt zu sein?“
    Andreas Marquart und Philipp Bagus

    5. Das Ende der Geschichte von Francis Fukuyama*

    Ein Klassiker der Politikwissenschaft, der bis heute polarisiert und zum Nachdenken anregt. Fukuyama argumentiert, dass die liberale Demokratie das finale Entwicklungsstadium politischer Systeme darstellt – mit all ihren Chancen, aber auch Risiken. Seine Thesen regen dazu an, über Fortschritt, individuelle Freiheit und gesellschaftliche Anerkennung neu nachzudenken. Gerade in Zeiten politischer Umbrüche bietet dieses Werk wertvolle Perspektiven auf unser Verständnis von Geschichte und Zukunft. Ein anspruchsvolles, aber lohnenswertes Buch für alle, die tiefer in politische Theorien eintauchen wollen.

    „Dem letzten Menschen fehlt […] das Bedürfnis, als ein Mensch von überragender Größe anerkannt zu werden, und ohne dieses Bedürfnis sind keine herausragenden Leistungen mehr möglich. Zufrieden mit seinem Glück und unfähig, Scham zu empfinden, weil er sich über seine niederen Bedürfnisse nicht mehr erheben kann, hat der letzte Mensch aufgehört, menschlich zu sein.“
    Francis Fukuyama

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