Welche Änderungen bräuchte es für eine bessere Finanzbildung in Deutschland?

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Steuern & Politik

Die finanzielle Bildung in Deutschland steckt im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien noch in den Kinderschuhen. Obwohl finanzielle Unabhängigkeit und der verantwortungsvolle Umgang mit Geld essenziell für ein sicheres und selbstbestimmtes Leben sind, fehlt es vielen Menschen in Deutschland an grundlegenden Kenntnissen über Finanzen. Die Themen Steuern, Versicherungen, Investitionen und Vermögensaufbau werden oft als zu komplex empfunden, und viele Bürger sind im Umgang mit ihren Finanzen überfordert. Doch was muss sich ändern, damit sich die finanzielle Bildung in Deutschland nachhaltig verbessert? Im Folgenden werden fünf zentrale Ansätze vorgestellt.

1. Finanzielle Bildung in den Schulcurricula verankern

Einer der Hauptgründe für das weit verbreitete finanzielle Unwissen ist, dass finanzielle Bildung bisher kein fester Bestandteil des deutschen Bildungssystems ist. Schüler lernen in der Schule viel über Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften, aber Finanzthemen wie Steuern, Versicherungen, Altersvorsorge oder der Umgang mit Geld bleiben außen vor. Dies führt dazu, dass viele junge Menschen ohne jegliche Kenntnisse im Finanzbereich ins Berufsleben starten und sich auf Berater oder das Internet verlassen müssen.

Um dieses Defizit zu beheben, ist es notwendig, finanzielle Bildung systematisch in die Schullehrpläne aufzunehmen. Bereits in der Sekundarstufe könnten Themen wie Vermögensaufbau, Schuldenmanagement und Altersvorsorge vermittelt werden, damit Jugendliche frühzeitig ein Grundwissen aufbauen. Dies würde nicht nur die Eigenverantwortung der jungen Generation fördern, sondern auch dazu beitragen, dass weniger Menschen in Schuldenfallen geraten oder falsche finanzielle Entscheidungen treffen.

2. Praxisorientierte und lebensnahe Bildung

Neben der Verankerung von Finanzbildung in den Schulen sollte der Unterricht auch praxisnah gestaltet werden. Oft bleiben finanzielle Themen abstrakt und theoretisch, was dazu führt, dass das erworbene Wissen im Alltag kaum anwendbar ist. Stattdessen sollten Unterrichtsformate entwickelt werden, die reale Lebenssituationen aufgreifen und die Anwendung finanzieller Grundkenntnisse erleichtern. Wie erstelle ich eine Steuererklärung? Welche Versicherungen brauche ich wirklich? Wie eröffne ich ein Aktiendepot und wie investiere ich mein Geld sinnvoll?

Ein solches praxisnahes Lernen könnte durch die Nutzung moderner Technologien und digitaler Tools unterstützt werden. Interaktive Lernplattformen, Apps oder Spiele könnten dabei helfen, komplexe Finanzthemen auf spielerische Weise zu vermitteln und den Zugang zu Wissen zu erleichtern. Außerdem könnten durch regelmäßige Projekte oder Exkursionen zu Banken und Finanzinstitutionen Schülern einen realen Einblick in die Finanzwelt erhalten und so ihr Interesse am Thema steigern.

3. Transparente und zugängliche Informationsquellen

Neben der Bildung in Schulen muss auch der allgemeine Zugang zu transparenten und leicht verständlichen Finanzinformationen verbessert werden. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, komplexe Finanzprodukte wie Versicherungen oder Anlageformen zu verstehen. Die Beratungsangebote von Banken und Versicherungen sind oft von Eigeninteressen geleitet und intransparent. Ein Beispiel: Versicherungsberater empfehlen häufig Produkte, von deren Abschluss sie direkt profitieren, anstatt neutral zu beraten.

Um dieser Intransparenz entgegenzuwirken, sollten offizielle Plattformen und Beratungsstellen gefördert werden, die kostenfreie und unabhängige Finanzinformationen bereitstellen. Digitale Plattformen könnten etwa leicht verständliche Anleitungen, Videos und Artikel zu verschiedenen Finanzthemen anbieten. Zudem wäre es wichtig, Finanzprodukte zu vereinfachen und verständlicher zu gestalten, um Bürgern die Entscheidungsfindung zu erleichtern.

4. Förderung der Medienkompetenz im Finanzbereich

In den letzten Jahren hat die Rolle von sogenannten „Finfluencern“ stark zugenommen. Viele junge Menschen konsumieren Finanzwissen hauptsächlich über Social Media und lassen sich von Influencern auf Plattformen wie YouTube, Instagram oder TikTok beraten. Während einige dieser Influencer seriös und gut informiert sind, gibt es leider viele, die nur Halbwissen verbreiten oder in Eigeninteresse handeln. Sie empfehlen fragwürdige Finanzprodukte oder verkaufen überteuerte Kurse und E-Books.

Um sicherzustellen, dass Verbraucher qualitativ hochwertige und vertrauenswürdige Informationen erhalten, ist es notwendig, die Medienkompetenz zu stärken. Die Menschen müssen lernen, seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden und die Inhalte kritisch zu hinterfragen. Gleichzeitig könnten auch Regulierungen für Finanzblogger und Finfluencer eingeführt werden, um sicherzustellen, dass nur geprüfte Informationen und transparente Empfehlungen gegeben werden.

5. Abbau von Vorurteilen gegenüber Wohlstand

Eine weitere Herausforderung besteht in der gesellschaftlichen Einstellung zu Reichtum und finanzieller Unabhängigkeit. In Deutschland ist das Thema Wohlstand häufig negativ besetzt. Wer reich ist, wird oft als gierig, unsympathisch oder gar moralisch fragwürdig angesehen. Diese negative Konnotation führt dazu, dass viele Menschen unbewusst Hemmungen entwickeln, sich aktiv um den Aufbau von Wohlstand zu bemühen oder offen über ihre finanziellen Ziele zu sprechen.

Es ist wichtig, diese Vorurteile abzubauen und das Bild von finanzieller Unabhängigkeit positiv zu besetzen. Menschen sollten verstehen, dass es nicht verwerflich ist, Wohlstand anzustreben, solange dies auf ethisch und moralisch einwandfreie Weise geschieht. Reichtum kann viele Vorteile mit sich bringen, wie etwa mehr Optionen im Leben oder die Möglichkeit, durch Spenden und gemeinnütziges Engagement etwas Positives zu bewirken. Finanzielle Bildung sollte auch darauf abzielen, diese Sichtweise zu fördern und den offenen Umgang mit Geld und Wohlstand zu unterstützen.

Fazit

Die finanzielle Bildung in Deutschland muss dringend verbessert werden. Es reicht nicht aus, dass nur wenige Menschen über ein fundiertes Wissen in diesem Bereich verfügen – finanzielle Bildung sollte eine grundlegende Kompetenz sein, die allen Bürgern zugänglich ist. Durch die Integration von Finanzwissen in die Schulcurricula, praxisorientierten Unterricht, transparente Informationsquellen, eine stärkere Medienkompetenz und den Abbau von Vorurteilen gegenüber Reichtum könnte die finanzielle Bildung auf ein neues Level gehoben werden. Dies würde nicht nur die finanzielle Unabhängigkeit der Menschen stärken, sondern auch das allgemeine wirtschaftliche Wohlstandsniveau heben.

Dieser Artikel ist Teil der Blogparade des Comdirect Finanzblog Awards 2024.


Quellen:

  • Nadolny, C. (2024). Finanzielle Bildung: Unwissenheit über Aktien, Steuern und Versicherungen hat System. Cash Magazin.
  • Nadolny, C. (2024). Reichtum: Darf man heute eigentlich noch reich werden wollen – ohne sich schlecht zu fühlen?. Cash Magazin.
  • Nadolny, C. (2024). Braucht es Regulierungen für Finfluencer / Finanzblogger?. Cash Magazin.

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