LUST AUF LEISTUNG von Ingo Hamm* ist ein eindringlicher Blick auf die zunehmende Unzufriedenheit und Überlastung am Arbeitsplatz. Und das in einer Ära, in der kollektive Frustration über Arbeitsbedingungen und berufliche Belastungen grassiert. „Wie wir Arbeit (wieder) lieben lernen“ heißt es dazu passend im Untertitel des Buches. / Anzeige
Das Werk stellt damit in gewisser Weise einen Gegenpol zu vielen vorherrschenden Debatten dar.
Der Autor bringt es mit einer provokanten Frage zum Ausdruck: Wollen wir wirklich nicht mehr arbeiten? Er führt die Leser durch die modernen Arbeitslandschaften, voll von „Quiet Quitting“, innerer Kündigung und einem Mangel an Arbeitslust.
Trotz Forderungen nach kürzeren Arbeitswochen und mehr Freizeit hat für ihn die eigentliche Krise vor allem einen Grund: Wir tun nicht mehr das, was uns erfüllt. Arbeit wird oft als lästige Pflicht empfunden, statt als Quelle von Freude und Erfüllung. Entsprechend betont Ingo Hamm die Bedeutung von Selbstwirksamkeit und individueller Kompetenzentwicklung für nachhaltiges Glück am Arbeitsplatz.
Ein zentrales Thema des Buches ist die Frage nach dem Sinn und der Erfüllung in der Arbeit.
Der Autor stellt die These auf, dass moderne Arbeitsstrukturen oft den individuellen Motiven und Bedürfnissen der Arbeitnehmer entgegenwirken. Er kritisiert die zunehmende Entfremdung des Menschen von seiner Arbeit. Und er plädiert für eine Rückkehr zu einer Arbeitskultur, die die persönlichen Kompetenzen und Motivationen der Mitarbeiter fördert.
Außerdem beleuchtet er die Rolle von Unternehmen und Führungskräften bei der Schaffung einer motivierenden Arbeitsumgebung, mit allem, was dazugehört. So fordert er eine Neuausrichtung der Unternehmenskultur: Weg von rein ökonomischen Optimierungsprozessen hin zur Förderung individueller Kompetenzen und Selbstverwirklichung der Mitarbeiter.
Zeitgleich ist das Buch eine kritische Analyse der aktuellen Trends und Diskussionen rund um Arbeitszeit, Work-Life-Balance und Mitarbeitermotivation.
In diesem Zuge hinterfragt der Autor viele der gängigen Annahmen und zeigt auf: Die Lösung für die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz ist nicht allein in der Reduzierung von Arbeitszeit zu suchen. Vielmehr liegt sie in der Schaffung einer Arbeitsumgebung, die die individuellen Bedürfnisse und Motivationen der Mitarbeiter berücksichtigt.
Aber auch die Bedeutung von Selbstwirksamkeit und individueller Kompetenzentwicklung für das persönliche Glück und die Zufriedenheit am Arbeitsplatz werden betrachtet. Ingo Hamm ermutigt die Leser immer wieder, aktiv nach Tätigkeiten zu suchen, die ihren natürlichen Kompetenzen entsprechen und sie erfüllen.
„Würden Sie als Lotto-Millionär noch arbeiten wollen? Was ist das für eine Frage? Da fällt uns die Antwort doch leicht: Auf keinen Fall, dann hätte ich ja ausgesorgt! Hm, vielleicht noch ein wenig. Ich würde weiterhin arbeiten – mir würde etwas fehlen. Meine Arbeit gibt mir auch etwas; warum das aufgeben? Was haben Sie angekreuzt? Wenn ich diese Frage privat oder im Hörsaal, bei Vorträgen oder bei Unternehmensbesuchen stelle, ist die spontane Antwort oft: ‚Auf keinen Fall!‘ Sobald die Leute jedoch über den spontanen Augenblick hinaus nachdenken, was die meisten unweigerlich tun, ändern viele ihre Meinung. Meinungsforscher bestätigen das. Sie stellten diese Frage einer repräsentativen Anzahl von Menschen und – was schätzen Sie? Wie viele von ihnen würden auch nach dem Gewinn der Lotto-Million noch arbeiten wollen?
Es sind erstaunliche 85 Prozent; selbst bei einem Gewinn von mehreren Millionen Euro. Wie verrückt ist das denn: Arbeit ist diesen Leuten wichtiger als mehrere Millionen Euro Lotto-Gewinn? Spinnen die? Von so einem Gewinn träumen wir doch alle! Einmal im Lotto gewinnen und dann: Keine stressige Führungskraft, keine nervigen Kolleginnen und Kollegen und keine nörgelnden Kundinnen und Kunden mehr! Nur noch jeden Tag Cocktail schlürfend am Strand liegen oder wahlweise im Indoor-Pool – was will man mehr? Wer würde dafür nicht seinen Chef oder Chefin in die Wüste schicken? Antwort: 56 Prozent der Befragten einer zweiten Studie, diesmal von McKinsey.
Die Befragten dieser Studie hatten sogar eine toxische Führungskraft, also eine vorgesetzte Person zum Davonlaufen, die einen in den Wahnsinn treibt. Trotzdem wollten sie weiterarbeiten. Nicht, weil sie das Geld brauchen (wer braucht es nicht), sondern: An Arbeit muss was dran sein (außer Geld). Was? Ganz gleich, was es auch ist, es muss mächtig sein. Mächtig, stark und hoch attraktiv.“
Ingo Hamm
An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:
Professor Dr. Ingo Hamm engagiert sich auf dem Gebiet der Wirtschaftspsychologie und ist Experte für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt. Als Professor an der Hochschule Darmstadt vermittelt er fundiertes Wissen und praxisnahe Einblicke in diesem Bereich. Vor seiner akademischen Karriere sammelte er Erfahrungen als Berater bei McKinsey sowie in Führungspositionen im Bereich Human Resources und Kommunikation.
Seine Leidenschaft gilt der angewandten Forschung und Beratung. Sie führte ihn dazu, Menschen und Organisationen dabei zu unterstützen, sich den Veränderungen der Arbeitswelt erfolgreich anzupassen. Dabei legt er großen Wert darauf, wissenschaftliche Erkenntnisse praxisorientiert umzusetzen und individuelle Lösungen zu entwickeln.
Professor Dr. Hamm ist nicht nur Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher, sondern auch promovierter Wirtschaftswissenschaftler und Diplom-Psychologe.
Als Leiter des Darmstädter Instituts für Wirtschaftspsychologie trägt er maßgeblich zur Weiterentwicklung dieses Forschungsfeldes bei. Außerdem ist er eine geschätzte Persönlichkeit in der Wissenschafts- und Beratungswelt.
„Eines der häufigsten und heftigsten Argumente gegen Arbeit und Leistung lautet: ‚Wir sind doch alle total unterbesetzt und überlastet!‘ Kurz vor dem Burnout. Viele arbeitende Menschen fühlen sich seit Jahren erschöpft, matt und lustlos, fast ein wenig depressiv. Die Symptome passen, doch wir stellen ständig die falsche Diagnose: zu viel Arbeit! Tatsächlich arbeiten wir nicht zu viel, sondern im Gegenteil zu wenig. Zu wenig von der Arbeit, die uns wirklich erfüllt und unserem inneren Antrieb folgt, uns in den Flow bringt. Natürlich gibt es viele Menschen, die objektiv überlastet sind. Alleinerziehende Mütter mit Halbtagsjobs, zum Beispiel. Oder Chirurgen, die wegen des Ärztemangels 12 Stunden am Stück im OP stehen und eine Operation nach der andere abliefern.
Doch gerade der Vergleich zwischen diesen beiden exemplarisch extremgestressten Berufsgruppen macht den wahren Grund der Überarbeitung deutlich. Viele Chirurgen sind nach 12 Stunden OP zwar erschöpft, aber danach noch ganz weit weg von der Kündigung – weil sie 12 Stunden lang ihrer Berufung nachgingen und das machten, was sie gut und gerne machen. Alleinerziehende Mütter dagegen reiben sich tagtäglich an so viel Papierkram, Behörden, verständnislosen Arbeitgebern, fehlenden Parkplätzen und einem indolenten sozialen Umfeld auf, dass die eigentlich beglückende Flow-Tätigkeit, sich um die eigenen Kinder zu kümmern, völlig zu kurz kommt und daher kaum bis kein Lebensglück mehr stiften kann. Muss man sich mal vorstellen! Solche Mütter sind nicht total überlastet, weil sie einen Burnout haben, sondern wegen einer Gratifikationskrise (sie geben so viel, und nichts kommt zurück).
Und tatsächlich konzentrieren sich moderne Burnout-Therapien weniger auf die Reduktion von Belastung nach dem Motto ‚Weniger Arbeit!‘ als nach der Devise ‚Mehr von dem, was dich erfüllt!‘ Wir brauchen eine offene Diskussion über Unterforderung, fehlende Erfüllung und keine heroischen Überarbeitungsmythen. Wir brauchen die Offenheit und Ehrlichkeit, so viele Fälle der mentalen Erschöpfung als das zu bezeichnen, was sie eigentlich sind: Depressionen, als verloren gegangener Antrieb, mangelndes Interesse – an der Arbeit.“
Ingo Hamm
Auf den ersten Blick macht das Buch direkt einen sehr guten Eindruck auf mich.
Die Softcover-Bindung mit Klappen ist entsprechend dem Verlag sehr hochwertig geworden, das Cover und Backcover können überzeugen. Auch die Gestaltung im Inneren ist sehr minimalistisch und zugleich hochwertig.
Kleinere einfarbige Akzente heben immer wieder genauso gelungen die Überschriften hervor, wie sie für stimmige Übergänge zwischen den Kapiteln sorgen. Ein besonderes optisches Highlight sind darüber hinaus noch die auf farbigem Hintergrund vermittelten Anregungen, die der Autor seinen Lesern mitgibt.
Für einen Preis von 24,90 Euro bei fast 300 Seiten Inhalt ist das definitiv ein stimmiges Gesamtbild. Und es zeigt wieder einmal, welch saubere Arbeit trotz gestiegener Druckkosten etc. zu einem vernünftigen Preis möglich ist. Obgleich sich andere Verlage reihenweise beklagen und mitunter utopische Preise verlangen.
Strukturell ist das Buch nicht nur äußerst klar, sondern vor allem wissenschaftlich fundiert, was mir persönlich immer sehr wichtig ist.
Man spürt hier: Der Autor schreibt nicht einfach nur zum Thema. Sondern er lehrt es auch auf hohem Niveau und diskutiert es wahrscheinlich auch immer wieder im wissenschaftlichen Umfeld.
Darüber hinaus sticht auch der sprachlicher Stil hervor. Es ist nämlich kein typisch wissenschaftliches Werk, sondern sehr locker und direkt geschrieben. Jedoch ohne dabei abzudriften und zu flapsig zu werden. Der Schreibstil ist leicht gehoben, mitunter etwas konfrontativ, aber stets professionell. So hat das Buch in mir schon das ein oder andere Mal Erinnerungen an meine Universitätsvorlesungen geweckt – im positiven Sinne.
Inhaltlich kann man das Buch durchaus als deutlichen, aber eben sorgfältig recherchierten und breit ausholenden Appell für mehr Leistungsbereitschaft sehen.
Es bietet damit eine Art Gegenpol zu aktuell doch sehr präsenten politischen und gesellschaftlichen Forderungen. Selbst wenn ich nicht allen Aussagen zu 100 % zustimme, empfinde ich es dennoch als sehr lesenswert. Sogar mehr als das: Eben vor allem als wertvollen Beitrag im teilweise doch zu emotional geführten Diskurs über die Arbeitswelt von morgen.
Ich selbst frage mich immer wieder als Arbeitgeberin: Was kann ich denn noch alles tun, um von Arbeitnehmern als attraktiv genug wahrgenommen zu werden, damit sie kommen und bleiben? Und gleichzeitig will ich eben auch keine Wohlfühloase kreieren, in der die Hängematte gegen den nötigen Output getauscht wird. Oft ist nur schwer zu ergründen, welche Forderungen noch sinnvoll und arbeitsfördernd und welche bereits Teil eines schleichenden Abschieds sind.
Der Autor hat hier zweifelsfrei ein spannendes Puzzlestück sowohl für Politiker als auch für Führungskräfte, HR-Mitarbeiter und sonstige Interessierte verfasst.
„Der Schlüssel zum Glück bei der Arbeit ist Arbeit. Im Tun liegt das Glück. Machen macht glücklich. Das ist die Kraft des Tuns, die etwas verleiht, das ich Leistungslust nenne: das Glück und die innere Befriedigung über ein geschaffenes Werk. Das unvergleichliche Gefühl, etwas aus eigener Kraft, dank eigener Kompetenz geschaffen, erledigt, erreicht zu haben. Konzept und Idee dieser Schaffenskraft und Schaffensfreude sind allgegenwärtig und tauchen in allen Disziplinen auf. Das ist das Bestechende an der Leistungslust: Wir haben es selbst in der Hand. Das Glück bei der Arbeit und im Leben liegt voll und ganz in unserer eigenen Macht – sofern wir uns nicht von materiellen Motivatoren ablenken lassen und uns stattdessen voll und ganz auf die eigentliche, ganz konkrete Tätigkeit konzentrieren. Dann winken uns bei und durch die eigene Arbeit nachhaltige Arbeitszufriedenheit und ultimative Selbstverwirklichung.“
Ingo Hamm
Insgesamt bietet Lust auf Leistung* eine spannende und inspirierende Perspektive auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der modernen Arbeitswelt.
Der Autor fordert nicht nur zum Umdenken auf. Sondern er liefert auch praktische Tipps und Anregungen für eine erfolgreiche Umsetzung einer leistungsfördernden Arbeitskultur. Damit ist das Buch ein Muss für jeden, der nach mehr Lust und Erfüllung im Job strebt. Und gleichzeitig ist es ein sehr lesenswerter Gegenpol zu prominent geführten Diskussionen rund um die Arbeitswelt von morgen.
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