THE WOLF OF INVESTING von Jordan Belfort* verspricht, Einblicke in die Welt der Wall Street zu geben. Gleichzeitig soll es den Lesern zeigen, wie sie selbst ein Vermögen machen können. Belfort ist New York Times Bestseller-Autor und Hauptfigur des Kinohits „The Wolf of Wall Street“. Somit bringt er zweifellos eine Fülle von Erfahrungen rund um die Finanzbranche mit. Sein Gewissen hat er dabei aber bekanntlich immer wieder allzu gerne an der Garderobe abgegeben. / Anzeige
Entsprechend gespannt war ich, inwieweit die Leser in seinem Werk Wissen oder doch nur Entertainment zu erwarten haben.
Das Buch verspricht schonungslose Ehrlichkeit. Die profitabelsten Lektionen des Lebens und alles, was Jordan Belfort je über die Börse gelernt hat, will er den Lesern auf dem Silbertablett liefern. An dieser Stelle darf man zumindest neidlos anerkennen, dass der Autor es nicht verlernt hat, zu verkaufen. Die Aufmachung und die Aura, die ihn und sein Wirken umkreisen, sind definitiv für viele ein Magnet. Für mich ist es unterm Strich aber deutlich mehr Unterhaltung und leider doch zu wenig Wissen und Tiefe.
Jordan Belfort nimmt die Leser in seinem Buch mit auf eine spannende Reise durch die Welt der Finanzen. Er zeigt, dass er es durchaus versteht, auch auf ehrliche Art und Weise an der Wall Street Geld zu verdienen. Man darf nun aber keine Raketenwissenschaften erwarten und auch nicht einmal ansatzweise die Tiefe wirklich guter Werke. Da denke ich z. B. an Benjamin Graham, Warren Buffett, Jeremy Siegel oder James O’Shaughnessy.
Sowohl für Anfänger als auch für erfahrene Anleger bietet das Buch vor allem eine Vielzahl interessanter Anekdoten.
Außerdem ein paar sinnvolle Kniffe rund um das Investieren. Aber leider geht es dann doch zu selten um die auf Hochglanz gedruckte und versprochene Strategie. Mit dieser soll man sowohl kurz- als auch langfristig ein beträchtliches Vermögen aufbauen können. Bereits solche Formulierungen sollten Anleger mit gesundem Menschenverstand Abstand aufbauen lassen. Oder man stuft dieses Buch eben als genau das ein, was es schlussendlich ist: Entertainment und seichte Lektüre.
Ähnliche Kritik habe ich bereits vor Jahren an den Werken von André Kostolany geübt. Ehrlich gesagt habe ich nie ganz verstanden, warum diese derart häufig als Wissensquelle empfohlen wurden. Doch im direkten Vergleich sticht André Kostolany Jordan Belfort für mich auf ganzer Linie. Sowohl in der Wissensvermittlung als auch in Sachen Unterhaltungsfaktor – wobei Letzteres selbstverständlich höchst individuell zu beurteilen ist.
An dieser Stelle soll man mich bitte nicht falsch verstehen.
Ich habe durchaus interessiert in diesem Buch gelesen. Unterm Strich gebe ich ihm auch immer noch mit drei Sternen ein „gut“, aber eben auch nicht mehr. Wenn Jordan Belfort eines verstanden hat, dann ist es Verkaufspsychologie. So ist es ihm auch in diesem Buch wieder gelungen, komplexe Konzepte auf sehr einfache und zugängliche Weise zu erklären. Vor allem stets sehr unterhaltsam schreibt er in seinem ganz eigenen unnachahmlichen, augenzwinkernden Stil, und die Leser folgen ihm. Das macht das Lesen stellenweise zu einem Vergnügen und verleiht seinen Büchern Dynamik. Man fühlt sich mitunter fast wie in einem Kinofilm, während man so durch die Seiten blättert. Aber am Ende erwartet man eben auch von einem Kinofilm nur selten, dass er einem ein breites Wissen vermittelt.
Eines ist selbstverständlich immer ein wenig mit einem Beigeschmack versehen, bringt aber durchaus Würze mit. Nämlich die Offenheit, mit der Jordan Belfort auf die „schmutzigen“ Tricks und Geheimnisse der Branche eingeht. Er enthüllt in seinen Büchern vieles von dem, was man von außen wohl immer nur vermutet hat. Zur Wahrheit gehört aber eben auch, dass er nicht nur Teil dessen, sondern auch Nutznießer war.
An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:
Jordan Ross Belfort ist ein amerikanischer Autor, Motivationsredner und ehemaliger Börsenmakler. Seine Karriere war geprägt von Höhen und Tiefen. Diese machen ihn zu einer faszinierenden Figur, die es selbst nach Hollywood geschafft hat. Im Jahr 1999 bekannte er sich des Betrugs und damit verbundener Straftaten schuldig. Diese standen im Zusammenhang mit Börsenmanipulationen, dem Betrieb eines Boiler Rooms und einem Penny-Stocks-Betrug. Als Teil einer Vereinbarung mit den Behörden verbrachte Belfort 22 Monate im Gefängnis. Vorher hatte er gegen zahlreiche Partner und Untergebene in seinem Betrugssystem ausgesagt.
Trotz seiner dunklen Vergangenheit gelang es Jordan Belfort, sich dank des enormen öffentlichen Interesses „neu zu erfinden“. So baute er eine erfolgreiche Karriere als Autor und Motivationsredner auf. Seine Memoiren, „The Wolf of Wall Street“, erlangten weltweite Aufmerksamkeit und wurden zu einem Millionen-Bestseller. Die Verfilmung unter Regie von Martin Scorsese mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle machte Belfort und seine Geschichte noch berühmter.
Auf dieser Grundlage versucht er heute, aus seiner Geschichte und seinen Erlebnissen auf ganz unterschiedliche Weise Kapital zu schlagen.
Unabhängig vom Inhalt konnte mich das Buch auch literarisch nicht immer überzeugen. Schon beim ersten Aufschlagen war ich etwas verwundert, dass es gefühlt einfach mittendrin startet. Es gibt keine Einleitung, nicht einmal eine Kapiteleinleitung. Man wird einfach direkt in eine Geschichte geworfen und das auch noch mit ziemlich viel Tempo. Man könnte es mit einem Kinofilm vergleichen, der mitten in einer Verfolgungsjagd startet.
Das zeigt im Grunde genommen schon recht schnell, was man von dem weiteren Inhalt erwarten darf.
Die Bindung des Werkes ist dem Verlag entsprechend hervorragend. Da gibt es nichts auszusetzen. Das Layout im Inneren ist schlicht und hochwertig. Die 25 Euro für etwas mehr als 300 Seiten sind aus meiner Sicht völlig im Rahmen für eine Hardcover-Bindung.
Sprachlich erwartet die Leser ein typisches Jordan-Belfort-Buch.
Schon im Inhaltsverzeichnis bekommt man einen Vorgeschmack auf seinen sehr flapsigen Schreibstil. Mir persönlich sagt das nicht besonders zu. Aber ich kann mir durchaus vorstellen, welche Zielgruppe das Buch nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich abholt: Leicht empfängliche und etwas übermotivierte Personen, die voll auf den Nimbus eines Jordan Belfort abfahren.
Inhaltlich bleibe ich leider dabei: Das Buch ist keine Wucht. Wie der Einstieg schon vermuten lässt, enthält es unglaublich viel Qualm und etwas Feuer, aber sehr wenig Substanz. Erst recht kein wissenschaftliches Fundament. Stattdessen bewegt sich alles eher auf der Ebene des Hörensagens. Nichts, was man so oder so ähnlich nicht bereits in Dutzenden anderen Werken lesen konnte. Die einzige Unterscheidung: Hier wird es nochmals oberflächlicher und flapsiger vermittelt. Ganz im Stile von Hollywood, aber nicht das, was man sich von einem besonders guten Sachbuch wünscht.
Dennoch bleiben der Unterhaltungswert und das stimmige Drumherum, was das Buch in der Wertung noch rettet. Besondere Erkenntnisse darf man sich hier aber nicht erhoffen.
Schlussendlich ist The Wolf of Investing* für mich ein unterhaltsames Buch. An der einen oder anderen Stelle transportiert es auch nützliches Wissen zum Thema. Man darf es aus meiner Sicht nur nicht aus den falschen Motiven heraus zu Hand nehmen. Es ist nämlich schlichtweg kein nüchterner und sachlicher Ratgeber und auch keine Investment-Bibel. Vielmehr ist es ein amüsantes Einsteiger-Buch, das auch dem ein oder anderen Fortgeschrittenen vielleicht ein Schmunzeln auf die Lippen zaubert.
Fünf zentralen Learnings aus The Wolf of Investing von Jordan Belfort:
1. Unterhaltung ersetzt keine fundierte Strategie
Wer sich mit dem Gedanken trägt, langfristig Vermögen aufzubauen, sollte sich nicht allein auf unterhaltsame Erzählungen oder plakative Versprechungen verlassen. Nachhaltiger Erfolg im Investment basiert auf Systematik, nicht auf Show.
2. Verkaufspsychologie ist ein mächtiges Werkzeug
Die Fähigkeit, andere zu überzeugen und komplexe Themen einfach zu vermitteln, kann in Finanzfragen entscheidend sein – sowohl positiv als auch manipulativ. Wer dieses Werkzeug erkennt und beherrscht, kann selbstbestimmter investieren.
3. Wissen ohne Tiefe bleibt oberflächlich
Es reicht nicht aus, Schlagworte und Geschichten zu kennen – wer erfolgreich investieren will, muss tiefer verstehen, wie Märkte funktionieren. Anekdoten können inspirieren, aber nicht ersetzen, was gründliche Recherche und Bildung leisten.
4. Skepsis schützt vor Übermotivation
Gerade im Finanzbereich ist gesunder Menschenverstand wichtiger denn je. Wer zu schnell an große Versprechen glaubt, riskiert, unreflektierte Entscheidungen zu treffen und auf alte Verkaufsmaschen hereinzufallen.
5. Authentizität wirkt – auch wenn sie nicht immer vorbildlich ist
Offenheit über eigene Fehler kann lehrreich sein, besonders wenn sie aus erster Hand kommt. Dennoch ist es wichtig, zwischen ehrlicher Reflexion und selbstinszenierter Reue zu unterscheiden.
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