AUF DER SUCHE NACH DEM HIER + JETZT von Daniel Rieber* behandelt die Themen Achtsamkeit, Selbstführung und den inneren Kompass. Das Buch ist dabei mehr als nur ein Ratgeber für achtsame Selbstführung. Es ist im Sinne des Autors vielmehr ein Reiseführer als Begleitung für das persönliche Wachstum der Leser und zu einer tiefen Verbindung mit sich selbst. Dabei soll es helfen, Orientierung in einer komplexen Welt zu finden, in der Veränderung die einzige Konstante zu sein scheint. / Anzeige
Der Autor teilt in diesem Werk seine persönlichen Geschichten und Erkenntnisse mit uns.
Und er erklärt, wie man es schaffen kann, im Moment zu sein, sich selbst zu führen und Zugang zur eigenen Intuition zu finden. Das Buch bietet dabei eine Vielzahl von Achtsamkeitsübungen und Tools zur Selbstreflexion, die begleitend zum Inhalt an unzähligen Stellen im Buch platziert sind. Außerdem werden vertiefende Inhalte, angeleitete Meditationen und Podcast-Folgen mit Links und QR-Codes angeboten, die zu den jeweiligen Themen passen könnten.
Mehr ist nur leider nicht immer unbedingt besser. Und gerade dieses schiere Überangebot an Inhalten hat mir persönlich nicht so gut gefallen. Insbesondere im Hinblick auf den Titel und das Kernthema des Buches empfand ich sie häufig als durchaus störend. Es gab keine einzige Doppelseite, die nicht zumindest von einem, wenn nicht sogar gleich zwei oder drei Einschüben, Exkursen oder Randbemerkungen unterbrochen wurde. Das gestaltete das Lesen mitunter schwierig, da man immer wieder aus dem Lesefluss herausgerissen wurde.
Vielleicht habe ich das aber auch nur falsch aufgenommen. Es könnte ja auch die erste versteckte Übung des Autors sein, konzentriert beim Text zu bleiben und sich nicht ablenken zu lassen.
Dieses wohl ziemlich gut gemeinte Überangebot ist stetiger Begleiter auf der Reise, die der Autor mit den Lesern unternimmt.
Sie ist geprägt von Selbstreflexionen, innerem Wachstum und dem Streben nach mehr Präsenz im Leben. Die Leser erhalten einen definitiv prall gefüllten Rucksack voller nützlicher Tools und einen inneren Kompass. So ausgestattet, ist man nach der Lektüre bereit, die nächsten Schritte auf seinem ganz eigenen Weg zu gehen. Sofern man sich nicht vom fehlenden Fokus des Autors beim Schreiben hat ablenken lassen.
Unter Umständen muss man das Buch auch einfach deutlich, deutlich langsamer lesen als ein gewöhnliches Buch. Eher Seite für Seite statt Kapitel für Kapitel. Dann kann man auch die Passagen mit den entsprechenden Übungen sukzessive durcharbeiten. Und erst dann wird das Buch wohl seine vollständige Kraft entfalten können. Damit entspricht es unterm Strich dann aber wohl eher einer ganzen Bücherreihe.
„Wenn ich meine Lebensrealität heute mit der meiner Eltern oder ihrer Eltern vergleiche, dann ist sie vor allem von Freiheit, einer großen Vielfalt an Möglichkeiten und der sofortigen Verfügbarkeit von praktisch allem geprägt. Auch wenn es sicher nicht für alle Menschen und gesellschaftlichen Gruppen zutrifft: Vermutlich gab es keine Generation vor meiner, die so viele Privilegien genießen durfte.
Das Internet hat die Menschen global miteinander vernetzt, neue Technologien vereinfachen unseren Alltag und offene Grenzen ermöglichen es, an die entlegensten Ecken der Welt zu reisen – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Bei aller Dankbarkeit für diese Privilegien dürfen wir uns auch bewusst machen, dass Freiheiten und Möglichkeiten auch neue Herausforderungen mit sich bringen.
So fällt es mir beispielsweise aufgrund der Vielfalt an Optionen zunehmend schwer, mich für etwas zu entscheiden. Denn die Entscheidung für eine Option bedeutet gleichzeitig, dass ich alle anderen Möglichkeiten verpassen werde. Vielleicht ist auch das ein Lebensgefühl, dass dir bekannt vorkommt.“
Daniel Rieber
Sprachlich wirkt das Buch leider ebenfalls häufig sehr unruhig.
Die größtenteils kurzen Sätze mit vielen Fragen in Richtung der Leser wirken eher wie ein Vortrag oder Seminar und weniger wie ein geschriebenes Buch. Das ist an sich kein enormer Kritikpunkt, ist mir aber dennoch aufgefallen. Ansonsten schafft Rieber es, seine Geschichte auf eine persönliche und authentische Art und Weise zu erzählen. Damit ermutigt er die Leser, sich mit den Themen auseinanderzusetzen und ihre eigene Reise anzutreten. Die Reflexionsübungen, Meditationen und Co. sollen dann dabei helfen, das Gelesene in die eigene Lebensrealität zu integrieren.
Besonders positiv muss ich hervorheben, dass der Autor auch auf die Grenzen der Selbsthilfe hinweist. So ruft er dazu auf, sich bei tiefer liegenden Problemen professionelle Unterstützung zu suchen. Das zeigt, dass er sich der Verantwortung bewusst ist, die er als Autor trägt.
„Wie lebt man achtsamer? Warum fällt es uns so schwer, uns im Alltag daran zu erinnern? Woran denkt man bei der Meditation? Und wie zum Teufel kann man dieses ständige Gewitter an Gedanken im Kopf ausstellen?“
Daniel Rieber
An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:
Daniel Rieber ist Berater, Speaker, Coach, Podcaster und Autor. Er unterstützt Führungskräfte und Unternehmen dabei, mit den Herausforderungen in Zeiten des Wandels umzugehen und ihr volles Potenzial zu entfalten. Bei seiner Arbeit legt er großen Wert auf die Philosophie, dass Veränderung bei jedem Einzelnen beginnt. Und dass die Fähigkeit, im Hier und Jetzt präsent zu sein, die Grundlage für die benötigten (Selbst-)Führungsqualitäten von heute bildet.
Außerdem ist er Co-Gründer von Wevolve, einer Beratungsplattform für Führung und Kulturwandel. Diese unterstützt Organisationen dabei, zu Orten zu werden, an denen Menschen sich als Ganzes begegnen und gemeinsam wachsen können. Wevolve bietet Beratung, Transformationsbegleitung, Trainings und Coachings für Unternehmen wie Mercedes-Benz, Zalando und eBay an.
„Die Welt um uns herum ist komplex geworden und manchmal fühlt es sich für mich so an, als würde sich die Uhr jeden Tag ein kleines bisschen schneller drehen. Egal ob technologisch, wirtschaftlich, politisch oder gesellschaftlich: Es scheint so, als wäre Ungewissheit der Normalzustand und Veränderung die einzige Konstante.“
Daniel Rieber
Ein zentraler Begriff im Buch ist die Achtsamkeit.
Laut dem Autor steht sie für die bewusste und aufmerksame Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments. Unsere Welt ist heute von Schnelligkeit, Ablenkung und Reizüberflutung geprägt. Darin bietet Achtsamkeit einen Gegenpol, der uns ermöglicht, im Hier und Jetzt präsent zu sein. Folgerichtig vermittelt Daniel Rieber in seinem Buch verschiede Achtsamkeitsübungen. Diese laden dazu ein, bewusster zu leben, sich Auszeiten zu nehmen und den Moment intensiver zu genießen.
Ein weiteres wichtiges Thema, auf das der Autor eingeht, ist die Selbstführung. Selbstführung beschreibt die Fähigkeit, sich selbst zu leiten, Ziele zu setzen und Entscheidungen zu treffen. Also Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Daniel Rieber zeigt auf, wie man mit Achtsamkeit eine bessere Verbindung zu sich selbst herstellen und eine bewusste Selbstreflexion ermöglichen kann.
Denn er ist der Meinung: Durch die gezielte Anwendung von Achtsamkeitsübungen in Verbindung mit Selbstführungstechniken kann man die eigene Entwicklung vorantreiben. Und so sein volles Potenzial zur Entfaltung bringen.
Der innere Kompass bildet den dritten großen Themenkomplex des Buches.
Dieser steht metaphorisch für unsere Intuition, unsere Werte und unsere tiefsten Überzeugungen. Daniel Rieber ermutigt die Leser, auf ihre innere Stimme zu hören und ihren eigenen Weg zu finden. Er ist nämlich überzeugt: Durch die Entwicklung eines starken inneren Kompasses kann man Entscheidungen nicht nur bewusster treffen, sondern eine erfüllende Lebensrichtung einschlagen.
Das Buch bietet unterm Strich nicht nur theoretische Konzepte und Erklärung. Sondern auch eine Vielzahl – meiner Meinung nach zu viele – praktische Übungen, Meditationen und Podcast-Folgen. Inhaltlich geht der Autor gleichzeitig leider nicht so sehr in die Tiefe. Anders als z. B. ein Eckhart Tolle, der mit Jetzt!* wohl immer noch den Maßstab zum Themenfeld setzt. Meine Rezension zu diesem Buch wird folgen.
Auch sprachlich kommt es nicht an die eleganten, mitunter aber auch sehr herausfordernden Formulierung von Tolle heran. Das Buch von Daniel Rieber richtet sich meiner Meinung nach eher an Einsteiger. Die wären mit dem Werk von Tolle eventuell vollkommen überfordert. Gerade dann muss ich allerdings wieder kritisch anmerken, dass man diese Zielgruppe nicht zusätzlich abschrecken und ablenken sollte. Also hätte man sich das Überangebot von ergänzenden Inhalten rund um den Fließtext besser gespart.
Die Reise, die die Leser in diesem Buch unternehmen sollen, ist eine Reise zu sich selbst.
Das benötigt meiner Meinung nach etwas mehr Fokus und Ruhe. Denn es ist eine Reise der Selbstreflexion, des Wachstums und der persönlichen Transformation.
Insgesamt ist dies zweifelsfrei ein bereicherndes Buch für alle, die auf der Suche nach mehr Achtsamkeit, Selbstführung und einem starken inneren Kompass sind. Oder die sich zumindest mit solchen Themen intensiver beschäftigen möchten. Durch die Wortwahl und den Aufbau des Buches werden die Leser immer wieder direkt angesprochen und zum Handeln ermutigt. Das mag für manche befremdlich, für andere genau richtig sein.
Kleiner Hinweis zum Schluss zum Gendern: Im Buch wird mit Gendersternchen gegendert.
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