Schlussendlich ist Minimalistisch Arbeiten ein Buch, das sowohl zum Nachdenken als auch zum Handeln anregt.
Karriere & Unternehmertum

Minimalistisch arbeiten

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★★★★☆

MINIMALISTISCH ARBEITEN von Monia Ben Larbi und Anne Wilhelm* ist bereits auf den ersten Blick ein etwas anderes Buch. Zum einen kommt es in einem ungewöhnlichen DIN-A4-Format daher, zum anderen ist es mehr ein Mitmach- als ein Frontalunterrichtsbuch, und schließlich verbindet es zwei Themenbereiche, die viele auf den ersten Blick nicht zusammenbringen würden: Minimalismus und die moderne Arbeitswelt. / Anzeige

Aber der Reihe nach:

Es ist nicht einfach ein Buch über Arbeitsorganisation, sondern ein tiefgründiger Leitfaden, der uns immer wieder auffordert, das Wesentliche im Berufsleben zu entdecken und zu schützen. Die Autorinnen nehmen ihre Leser mit auf eine Reise, die sowohl philosophisch als auch praktisch ist und dabei stets den Fokus auf den Nutzen und die möglichen Hindernisse des minimalistischen Arbeitens legt.

Führungskräfte und Unternehmer sollten an dieser Stelle jedoch nicht abgeschreckt reagieren, sondern dem Buch vielleicht selbst ein wenig mehr Aufmerksamkeit schenken. Beim Ansatz des minimalistischen Arbeitens geht es nicht darum, mit möglichst wenig Arbeit den Anschein zu erwecken, man wäre die ganze Zeit produktiv. Vielmehr geht es darum, die eigene Arbeitsorganisation neu zu denken, zu entwirren und von lästigem Ballast zu befreien.

Inhaltlich gliedert sich das Buch in drei Hauptteile.

Im ersten Teil werden die Grundprinzipien des minimalistischen Arbeitens vorgestellt, die als Fundament für das gesamte Werk dienen. Diese Prinzipien sind nicht nur theoretisch, sondern praxisnah und bieten eine solide Basis, um in der heutigen, überladenen Arbeitswelt mehr Klarheit und Fokus zu schaffen.

Der zweite Teil widmet sich neun spezifischen Bereichen der Arbeitswelt, die für viele Organisationen relevant sind. In insgesamt 27 Themen wird detailliert beschrieben, wie sich „Maximalismus“ in diesen Bereichen manifestiert und welche minimalistischen Ansätze dem entgegenstehen. Hier überraschen die Autorinnen mit einer frischen Perspektive, die weniger auf materiellen Minimalismus, sondern mehr auf ideelle Prozesse abzielt.

Der dritte Teil des Buches führt in die methodische Anwendung des minimalistischen Arbeitens ein. Hier werden konkrete Leitprinzipien und Kriterien vorgestellt, die bei der Entscheidungsfindung helfen, sowie Methoden, um das „Ausräumen“ im Arbeitsalltag zu etablieren. Dieser Teil ist besonders wertvoll für diejenigen, die praktische Werkzeuge suchen, um ihre Arbeitsweise zu optimieren und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Monia Ben Larbi und Anne Wilhelm streuen dabei auch immer wieder persönliche Geschichten und Anekdoten ein, die mit theoretischen Überlegungen verwoben werden.

Wie eingangs erwähnt, ist das Buch aber auch reich an methodischen Anleitungen und Aufgaben, die die Leser dazu anregen sollen, das Gelesene direkt in die Praxis umzusetzen.

Minimalistisch Arbeiten* ist eben nicht nur ein theoretisches Buch, sondern bietet eine Fülle von praktischen Ratschlägen und Übungen, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Die hier vorgestellten Methoden sind darauf ausgerichtet, den Arbeitsalltag zu vereinfachen, ohne dabei die Qualität der Arbeit zu beeinträchtigen. Besonders wertvoll ist die Betonung darauf, dass Minimalismus ein kontinuierlicher Prozess ist, der immer wieder überprüft und angepasst werden muss.

Die im Buch vorgestellten Aufgaben und Notizbereiche laden den Leser dazu ein, eigene Gedanken und Erfahrungen festzuhalten und aktiv an der eigenen Arbeitsweise zu arbeiten. Dies macht das Buch zu einem lebendigen Werkzeug, das weit über das einmalige Lesen hinausgeht.

Im Mittelpunkt des Buches steht die Idee, dass Minimalismus nicht Verzicht bedeutet, sondern das Schaffen von Freiraum für das Wesentliche.

Die Autorinnen plädieren dafür, unnötige Ablenkungen und überflüssige Aktivitäten zu eliminieren, um Platz für das zu schaffen, was wirklich zählt. Dies geht einher mit einer kritischen Auseinandersetzung mit den gängigen Arbeitsstrukturen und der Frage, was uns in unserer Arbeit tatsächlich frei und zufrieden macht.

Besonders eindrücklich ist die Analogie, die Monia Ben Larbi im Vorwort zieht: Wie Pflanzen nur in einem optimalen Bereich gedeihen, so erfordert auch das menschliche Arbeiten ein ausgewogenes Maß an Struktur und Freiheit.

Zu viel Aktivität oder zu viele Verpflichtungen führen nicht zu mehr Produktivität, sondern zum Gegenteil – zu Überforderung und Stress.

„Minimalismus war für mich nie eine radikale Entscheidung, sondern hat sich durch verschiedene Einflüsse in mein Leben geschlichen. Mit Ende zwanzig merkte ich, dass mir die gutbürgerlichen Besitztümer mehr Arbeit bereiten, als sie Freude versprachen. Das Auto, die große Wohnung, Küchengeräte, futuristische Staubsauger oder ein voller Kleiderschrank brauchten viel Zeitzuwendung für Reparatur, Pflege, Reinigung, Wartung und Neuanschaffung. Irgendwann war ich zunehmend genervt davon, wie viel Aufmerksamkeit mein Hab und Gut verlangt, und begann, meinem Bauchgefühl freien Lauf zu lassen und nur noch das zu tun und zu behalten, was zu mir passt (und nicht zu dem gutbürgerlichen Ich, welches einmal mein Ideal war). Nachdem ich viel losgelassen hatte, war die Lebensrealität um mich herum natürlich immer noch die gleiche: Überfluss, unbegrenzter Konsum und ungesundes Wachstum, inmitten ziemlich unzufriedener Menschen.

Ich bekam zunehmend Fluchtreflexe.

Ich haderte lange damit, wie ich in Zukunft in eine Welt passen sollte, die meiner Wahrnehmung nach im ständigen Überfluss lebt, und kam zu dem Schluss, dass wir vielleicht nicht zusammenpassen müssen. Mir ist es zwischendurch egal(er), wenn Leute es komisch finden, wenn ich auch meine Schuhe Secondhand kaufe, mein Essen vom Fairteiler hole oder ich lieber teurer miete, als billig kaufe. Inzwischen lebe ich auf einer kleinen Insel in Indonesien, habe nur meinen Rucksack und zwei Katzen als ständige Begleiter, miete ein kleines Haus und einen Roller und lebe ein sehr einfaches Leben, das unglaublich viel Freiraum bereithält.

Mein Tag ist immer noch ziemlich normal und besteht aus Arbeiten, Spazieren, Kochen und draußen sein – aber ich fühle mich reicher als je zuvor in meiner Hängematte und vermisse nichts außer guter Schokolade. Ich glaube, das ist es, was mich am Minimalismus reizt: Man kann still und sanft und sehr individuell gegen das System rebellieren, das Glück durch endlosen Konsum verspricht. Ich hoffe, das Buch inspiriert euch zu einem Mittelweg, der gut zu euch passt – denn Minimalismus ist gar nicht so viel Verzicht, eher genug Raum für das Wesentliche.“
– Anne Wilhelm

An dieser Stelle ein paar Worte zu den Autorinnen:

Monia Ben Larbi ist eine vielseitige Gestalterin und Lernende, die sich alle fünf Jahre neuen Themenschwerpunkten widmet, um sich weiterzuentwickeln. Ihre Projekte vereint der hohe Anspruch, die Welt positiv mitzugestalten, wobei sie stets Lernen, Kooperation und Transformation in den Vordergrund stellt. Monia bringt Erfahrungen aus den Bereichen Konfliktvermittlung, politischer Bildung, Potenzialentfaltung in Schulen, ehrenamtlicher Dorfentwicklung und selbstorganisiertem Arbeiten mit. Derzeit fokussiert sie sich auf die Themen Arbeiten mit chronischer Erkrankung und Bewusstseinsentwicklung.

Anne Wilhelm ist leidenschaftliche Designerin, die Ästhetik und Funktionalität vereint. Ihre Kreativität kennt keine Grenzen:

Sie designt nicht nur Grafik, sondern gestaltet auch Gesellschaft, Arbeit, Kommunikation und Lebensweisen. Anne widmet sich Projekten, die gesellschaftliches Potenzial bergen, und schafft dabei Schönes, das allen zugutekommt. Zu ihren Projekten gehören Co-Working-Spaces, nachhaltige Ausstellungen, Pop-up-Stores und Foodsharing-Stationen. Derzeit engagiert sie sich für Umweltbildung, Lobbyarbeit und Wertschöpfungsketten zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung in Lombok.

„Und ich habe endlich verstanden, warum Anne die ganze Zeit von Minimalismus spricht, denn ich hätte das Optimum eher bei 80 % vermutet. Stattdessen liegt der Bereich, in dem sie sich gesund entfalten können, eher bei 20 bis 40 %. Diese Formel ist für mich zum Leitsatz geworden. Nehme ich zum Beispiel meinen Tag, der aus vierzehn wachen Stunden besteht, dann steht das für drei bis fünf Stunden verplante Zeit als optimales Maximum. Nehme ich meinen Arbeitstag, eher ein bis zwei Stunden. Das entspricht tatsächlich ziemlich genau dem Maß, in dem mir verplante Zeit guttut. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich den Rest des Tages nichts mache.

Ich muss aber nichts machen. Es entsteht Raum, um auf das zu reagieren, was in der Gegenwart wichtig ist. Es entsteht Raum für Wesentliches. So danke ich meinen empfindlichen Ladies Spathiphyllum für diese wichtige Lektion über das richtige Maß und widme ihnen dieses Buch, das hoffentlich auch für euch ein paar Aha-Momente bereithält.“
– Monia Ben Larbi

Direkt auf den ersten Blick fällt natürlich das große Format des Buches auf. DIN A4 und über 250 Seiten versprechen viel Inhalt für die Leser.

Eben dieser Inhalt ist im Inneren immer wieder stark aufgelockert. Wie es sich für ein Buch mit dem Begriff „Arbeiten“ im Titel gehört, werden die Leser ständig dazu animiert, mit diesem Werk zu arbeiten. Mitmachübungen, Reflexionsfragen, aber auch etliche Grafiken, Zitate und Fakten lockern das Schriftbild gekonnt und sinnvoll auf und lassen den Inhalt etwas weniger erschlagend wirken. Dennoch darf man nicht verkennen, dass die Breite und auch Tiefe des Inhalts dadurch etwas abnimmt.

Das Gewicht dieses Buches ist ebenfalls nicht zu unterschätzen und lädt eher zum Lesen am Schreibtisch als im gemütlichen Ohrensessel ein.

Insbesondere der Untertitel auf dem Backcover hat mich aber sofort angesprochen: „Von der kontinuierlichen Suche nach dem Wesentlichen“, heißt es dort, und ich habe es sofort gefühlt.

Wer viele Ideen, Träume, Wünsche und Leidenschaften hat wie ich, kann sich ab einem gewissen Punkt nicht mehr vor Aufgaben retten und wird dann immer wieder nach Impulsen suchen, Ordnung in das Chaos zu bringen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – obgleich so vieles von den anderen Dingen immer wieder verlockend vom Seitenrand zuwinken wird. Eben deswegen habe ich auch schon so viele Bücher in diesem Themenbereich gelesen und war sehr gespannt, wo sich dieses Werk einreihen wird.

Beim Blick ins Innere ist mir jedoch nicht nur das spannende Layout aufgefallen, sondern auch, dass die Druckqualität, zumindest bei meinem Exemplar, nicht immer perfekt war. Insbesondere im Inhaltsverzeichnis gab es ein paar senkrechte Streifen, wo wohl eher eine deckende Farbschicht zu sehen sein sollte.

Am Rande möchte ich auch darauf hinweisen, dass mit einem Sternchen gegendert wird. Mir persönlich ist das zwar nicht so wichtig, manche wollen das dann aber doch vor dem Kauf wissen.

Sprachlich bewegt sich das Buch auf einem ähnlich lockeren Niveau wie das Layout im Inneren.

Es ist kein literarisches Wunderwerk, aber diesen Anspruch hatte es bei dem Thema wohl auch nie. Dennoch passt die Sprache zur Optik und zum Inhalt und spricht vor allem vorfreudige und aufgeweckte Menschen an, die nun endlich in die Umsetzung kommen wollen.

Am Ende ist es ein wirklich andersartiges, aber auch erfrischendes Werk. Natürlich wird es den einen oder anderen Vielleser womöglich überfordern, da ständig wieder der Stift gezückt werden muss. Mir gefiel es jedoch wirklich gut, obwohl es mich doch etwas stark gewundert hat, dass Stephen Covey und Brian Tracy im Literaturverzeichnis fehlten – meine absoluten Lieblingsautoren auf diesem Feld.

„Doch wie kollektives minimalistisches Arbeiten und wie eine minimalistische Organisation als Ganzes aussehen – diese Fragen bleiben vorerst offen. Sicher ist, dass die meisten Organisationen unter einer großen Schicht wohlgemeinter Aktivitäten begraben liegen:

Meetings, um alle zu beteiligen

Prozesse, um die Effektivität zu gewährleisten

Formulare, um Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zu schaffen

Strategien, um die Zukunft zu planen

Tools, um die Chancen der Digitalität zu nutzen

Arbeitsgruppen, um Neues zu etablieren

All diese peripheren Aktivitäten nehmen so viel Raum ein, dass in unseren Gesprächen mit Organisationen immer wieder dasselbe herauskommt: Die Leute haben kaum noch Zeit für ihre eigentliche Arbeit, für das, was als Inhalt in ihren Jobbeschreibungen steht.“
– Monia Ben Larbi & Anne Wilhelm

Schlussendlich ist Minimalistisch Arbeiten* ein Buch, das sowohl zum Nachdenken als auch zum Handeln anregt.

Es bietet eine tiefgehende Analyse der modernen Arbeitswelt und zeigt auf, wie man durch minimalistisches Arbeiten nicht nur effizienter, sondern auch zufriedener werden kann. Das Buch ist für alle geeignet, die das Gefühl haben, im täglichen Arbeitsstress das Wesentliche aus den Augen zu verlieren und die nach Wegen suchen, wieder mehr Fokus und Freude in ihre Arbeit zu bringen.

Mit ihrer klaren und motivierenden Sprache sowie den vielen praktischen Tipps und Übungen ist es den Autorinnen gelungen, ein Werk zu schaffen, das nicht nur zum Thema Minimalismus inspiriert, sondern auch konkrete Werkzeuge an die Hand gibt, um den Arbeitsalltag nachhaltiger und erfüllender zu gestalten.

„Wären wir echte Minimalist*innen, würde das ganze Buch nur aus diesem Abschnitt bestehen, denn genau genommen ist alles Wichtige gesagt: Es geht darum, leeren Raum herzustellen und zu erhalten, damit unser Blick auf das Wesentliche nicht getrübt werden kann. Hierzu steht ein kontinuierlicher und wiederholter Prozess des würdigenden Loslassens im Zentrum. Und immer wieder vergegenwärtigen wir uns, dass alles, was wir benötigen, schon da ist. Wir würdigen demnach das, was da ist, genauso wie das, was gehen darf.“
– Monia Ben Larbi & Anne Wilhelm

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