WORKING DAD von Roman Gaida* ist ein wertvoller Ratgeber für Eltern zur Vereinbarkeit von aktiver Vaterrolle und Karriereleben. Er richtet sich insbesondere an Männer und ist damit für mich besonders interessant. Schließlich vernachlässigen wir in den öffentlichen Debatten über Gender-Pay-Gap und Frauen in Führungspositionen mitunter die Situation der Väter. / Anzeige
So unterstützt auch Verena Pausder auf dem Backcover Roman Gaidas Argumentation und bestätigt: Aktivere Väterrollen würden zu mehr Frauen in Führungspositionen führen. Denn ob Frauen bestimmte Positionen annehmen können, hänge nicht nur von ihren Vorgesetzen ab. Auch ihr Vereinbarkeitsmodell zu Hause spiele eine große Rolle.
Gleichzeitig arbeitet der Autor selbst in seinem Buch mithilfe verschiedener Studien und Analysen heraus: Deutlich mehr Väter würden gerne mehr Zeit zu Hause mit ihren Kindern verbringen. Aber sie fühlen sich weder beruflich noch finanziell dazu imstande. Interessanterweise spielen dabei auch steuerrechtliche Besonderheiten eine Rolle, auf die ich bislang noch kein besonderes Augenmerk gerichtet hatte.
Dieses Buch hat das Leben geschrieben.
Der Autor wurde Vater von Zwillingen und wollte dennoch beides sein, Führungskraft und ein aktiver Vater. Dieser Entschluss und die darauffolgende Reise führten zu diesem Werk.
„Auslöser und Inspiration für dieses Buch war vor allem die Geburt unserer Zwillinge. Dieser neue Lebensabschnitt fiel genau in die Zeit, als ich die digitale und kulturelle Transformation eines Geschäftsbereichs in einem Konzern starten und umsetzen sollte. Wie sollte ich das alles hinbekommen? Eine Partnerschaft auf Augenhöhe führen, eine inspirierende und motivierende Führungskraft sein und über allem ein aktiver Vater für meine Söhne.“
Roman Gaida
Der Autor behandelt den Prozess dabei ganzheitlich.
Von den offenen Gesprächen zu Hause über die richtigen Karriereschritte hin zur eigenen Reflektion. Was bedeuten einem Beruf, Erfolg und Karriere und was will man erreichen und weshalb? Aber er spart auch die wichtige Frage nicht aus, was wirklich entscheidend ist und was nur nice-to-have.
Typische Karriereristen würden dieses Buch wahrscheinlich genauso einfach abhaken wie der Mitgründer von Palantir, Joe Lonsdale. Dieser sagte in einem Interview mit der FAZ: „Jeder Mann, der sich sechs Monate Urlaub mit seinem neugeborenen Baby nimmt, ist ein Verlierer.“ Was für ein schwacher Charakter …
Mir fehlen für solche Menschen wirklich die Worte und ich könnte mit einem solchen Mann keine Beziehung führen. Aber das ist eben eine höchst individuelle Entscheidung. Väter jedoch als Verlierer zu bezeichnen, weil sie ihre Rolle ernstnehmen und sie ihnen wichtig ist? Das kann ich einfach nicht gutheißen.
Mit seiner Einstellung steht Joe Lonsdale aber keineswegs allein da in der heutigen Karrierewelt. Auch wenn sich bereits Besserung am Horizont zeigt. Nicht nur in Palo Alto oder alten patriarchal geführten mittelständischen Betrieben hat man als Vater einen schlechten Stand. Auch große deutsche Konzerne präsentieren sich allzu gerne so super progressiv. Und trotzdem wird man schräg angeschaut, wenn man als Vater Elternzeit nehmen möchte oder auch nur ein Sabbatical beantragt.
„Die Vereinbarkeit von Karriere und Familie ist für Firmen ein wichtiger Baustein einer modernen Unternehmenskultur und ein zukünftiger Wettbewerbsvorteil im Ringen um Talente.“
Roman Gaida
Zumeist ist es danach mit der Karriere dahin. Denn ein solcher Schritt geht in vielen Fällen damit einher, dass man von den Beförderungslisten gestrichen wird.
„Nicht belastbar genug, nicht stark genug committet, kein Karriererist.“ Für mich nicht nachvollziehbar und in meinen Unternehmen wird es so etwas niemals geben. Denn man kann nicht nur beides sein, Vater und engagierter Mitarbeiter. Häufig bringen Menschen, die eine solche private Verantwortung tragen oder getragen haben, auch zusätzliche Qualitäten mit sich. Wir unterschätzen als Gesellschaft viel zu sehr, dass eine aktive Elternrolle nicht nur für das Kind wertvoll ist. Sondern sie kann es auch für unsere eigene Entwicklung sein.
Vor allem Mütter wurden und werden bekanntlich seit gefühlten Ewigkeiten nicht ernst genommen.
Egal, ob sie in Vollzeit 3+ Kinder großgezogen haben oder alleinerziehend neben dem Job diese Verantwortung trugen. Wir tun im Job so, als wäre das nichts wert. Und auf der anderen Seite predigen wir aber allzu gerne, wie wichtig doch die Familie für uns als Gesellschaft sei.
„Ich behaupte, dass sich jeder Mann, der heute willentlich Vater wird, wünscht, auch Vater zu sein. Ein Vater, der für seine Kinder spürbar da ist, der eine gleichberechtigte Partnerschaft führt und der dennoch seinen Traum nicht aufgibt, sich beruflich und privat selbst zu verwirklichen. Und was passierte dann? Wir erleben die traditionelle Trennung der Rollen: in der Familie, in der Firma, im Job. Oder?
Ich plädiere hier nicht dafür, Karrierepläne und Gehaltsvorstellungen ad acta zu legen, sondern lediglich dafür, ehrlich zu sich selbst zu sein und althergebrachte gesellschaftliche Normen von Karriere infrage zu stellen. Es gilt abzuwägen, was einem Karriere wert ist, und zwar nicht in den nächsten fünf Jahren, sondern bis zur Rente oder darüber hinaus.
Was willst du im Leben erreichen? Wohin möchtest du dich privat und beruflich entwickeln? Es fällt niemandem leicht, das für sich zu beantworten. Aber es kann dir auch niemand abnehmen.
Wenn wir aber die Zeit, die für unsere berufliche Karriere nötig ist, in dem Bewusstsein opfern, dass wir genauso wichtig für unsere Kinder sind wie die Mutter, dann wird jede Minute zu sehr teurer Handelsware. Wir sind nicht nur wichtig für unsere Kinder, sondern unsere Kinder sind auch wichtig für uns Väter.“
Roman Gaida
Roman Gaida führt diesen Kampf nun für die Väter fort und berichtet schonungslos ehrlich über seinen eigenen Weg.
Er reicht ein ganzes Set aus kleinen Tipps und Tricks. Damit lässt sich die doppelte Herausforderung, die Kinder und Karriere mit sich bringen, meistern.
Meiner Meinung nach sollte jeder (werdende) Vater dieses Buch gelesen haben. Unter Umständen ist es auch noch das perfekte kurzfristige Geschenk zum nächsten Feiertag. Es ist mit Herz, Leidenschaft und Verstand geschrieben. Und es beleuchtet einen Themenkomplex, bei dem sich bisher viel zu viele Männer mit ihrer eigenen Mittelmäßigkeit zufriedengegeben haben.
An dieser Stelle noch ein paar Worte zum Autor:
Roman Gaida ist Vater von Zwillingen und Führungskraft in einem Fortune-500-Unternehmen. Er hat in St. Gallen und an der RWTH Aachen studiert. Als Führungskraft lebt er vor, wie sich Vereinbarkeit umsetzen lässt und welche Änderungen auch in Unternehmen stattfinden müssen. Er plädiert für mehr Offenheit und macht Männern Mut.
Inhaltlich erwarten uns Kapitel zu Glaubenssätzen wie der festsitzenden Meinung, dass man als Vater und Führungskraft Opfer bringen müsse. Aber auch reflektierende Passagen über Erfolg, Karriere, Vaterrolle und Quality Time.
Im zweiten Teil des Buches geht es dann tiefer in die Thematik „Karriere als Vater“. Der Autor beschreibt, worauf man achten sollte und wie man aus dem vermeintlichen Malus einen Bonus macht.
Teil drei beschäftigt sich dann mit der Elternzeit. Kannst du als Vater überhaupt in Elternzeit gehen und worauf hast du dabei zu achten? Wann äußerst du idealerweise Vorgesetzten und Personalabteilung gegenüber deine Absichten? Und wie würdest du selbst als Vorgesetzter darauf reagieren? Auch die partnerschaftliche Aufteilung wird thematisiert.
Anschließend präsentiert Roman Gaida wertvolle Anstöße für Unternehmen, wie man aus Familienfreundlichkeit eine Win-Win-Situation kreieren kann. Mit stärkerer Mitarbeiterbindung, einem angenehmeren Arbeitsklima, und, und, und.Weitere Kapitel über geteilte Elternschaft, Familienurlaub, Achtsamkeit, Freunde und Zweisamkeit runden dieses unglaublich wertvolle Buch ab.
Bemerkenswert an diesem Buch finde ich, welche Sonderrolle das Thema in der Geschäftswelt immer noch einnimmt.
Als Frau ist mir das manchmal gar nicht so bewusst. Dabei habe ich es in meinem Umfeld schon häufiger gespiegelt bekommen. Auch das beeinflusst neben der ehrlichen Sprache, dem ganzheitlichen Ansatz und dem wirklich dezent hochwertigen Layout meine Bewertung. Insgesamt kann ich diesem Buch nichts anderes geben als volle fünf Sterne.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal meine feste Überzeugung betonen, dass dieses Buch allen (werdenden) Vätern helfen könnte. Es ist wirklich wunderbar! Abschließen möchte ich diese Rezension mit einer meiner Meinung nach sehr wichtigen Passage aus dem Buch. Diese sollte sowohl Vätern als auch Entscheidern zu denken geben:
„Hierzulande würden 55 Prozent der Väter laut einer repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstitutes Allensbach gerne mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und sich die Zeit jeweils zur Hälfte mit dem/r Partner:in aufteilen. Bei den befragten Vätern sei dies jedoch nur zu rund 25 Prozent auch in der Realität der Fall. Wunsch und Wirklichkeit gehen hier sehr weit auseinander. Das liegt sicherlich auch daran, dass gut 92 Prozent der berufstätigen Väter in Vollzeit arbeiten, auch wenn dies nur halb so viele gut finden.“
Roman Gaida
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