Leider ein Finanzbuch im typischen Stil des Finanzjournalismus: Wenig wissenschaftlich kritisch geprüfter Inhalt, dafür laute Überschriften.
Finanzen & Investitionen

Börsenstars und ihre Erfolgsrezepte

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★★☆☆☆

BÖRSENSTARS UND IHRE ERFOLGSREZEPTE von Ulrich W. Hanke* ist für mich das perfekte Abbild des Finanzjournalismus in Deutschland. Ein Buch, das weder kritisch hinterfragt noch empirisch belegt, aber stattdessen Guru-Gehabe unterstützt und sogar aktiv fördert. Dabei wäre eine wissenschaftlich fundierte und kritische Betrachtung der vorgestellten Ansätze mehr als angebracht. Zumal sich dieses Buch vor allem an Einsteiger richtet. Nur unter Umständen habe ich da mal wieder zu hohe Ansprüche an ein gelungenes Finanzbuch. / Anzeige

Dieses Buch ist unterm Strich nicht viel mehr als eine Kurzvorstellung der Investment-Ansätze namhafter Größen der Finanzbranche. Benjamin Graham, Warren Buffett, Michael O’Higgins, Joel Greenblatt, John Neff, Peter Lynch, Ken Fisher, William O’Neil, James O’Shaughnessy, Martin Zweig, David Dreman, Anthony Gallea, Max Otte, Uwe Lang und Susan Levermann. Der Autor schildert jeweils auf wenigen Seiten grob, welche Überlegungen diese Persönlichkeiten am Kapitalmarkt treffen. Nach Abschluss jedes Kapitels gibt es auf einer Seite ein Factsheet. Die Leser sollen anschließend selbst entscheiden, welchem Guru sie folgen wollen, wessen Ansatz sie kopieren.

„Den Giganten über die Schulter schauen und dabei Anregungen für die eigene Strategie gewinnen – wer möchte das nicht?“ Genau in diesem Tenor ist das Buch verfasst und damit leider sehr leichte Lektüre. Die ausführlichen Bücher der oben genannten Akteure zu lesen ist vielleicht noch interessant. Dann kann man ihre Gedankengänge nachvollziehen und kritischer prüfen, ob es Sinn macht, sie zu kopieren. Mit diesem Werk ist das aber vorne und hinten nicht möglich.

Selbst bereits dutzendfach widerlegte Ansätze werden noch gebetsmühlenartig niedergeschrieben, als hätte sich die Welt nicht weitergedreht.

Dass der Autor ein erfahrener Finanzjournalist ist, unterschreibe ich sofort. Denn dieses Buch verkörpert diese Branche in Perfektion. Schon der Titel bläst in das Horn des Guru-Gehabes. Börsenstars, Börsengurus, Finanzexperten und Co. All diese Begriffe werden überproportional oft verwendet und die erwähnten Persönlichkeiten weitestgehend unkritisch in den Finanzolymp erhoben. Weder findet eine wissenschaftlich kritische Auseinandersetzung mit ihren Ansätzen statt, noch werden ihre Ergebnisse ansatzweise fundiert an einer geeigneten Benchmark gespiegelt.

Die Idee des passiven Investieren wird nicht einmal als Alternative präsentiert. Wo würden wir denn da auch hinkommen? Die Finanzjournalisten hätten gar nichts mehr zu berichten. Also werden ganz normale Investoren als Ikonen dargestellt und ihre Ansätze als eine Schar von Heiligen Gralen dargestellt. Aus denen müssen die Privatanleger nur den passenden für ihren Charakter herauspicken. Anschließend ist nicht nur die Altersvorsorge erledigt, sondern auch die Überrendite gesichert.

Passiv investieren ist doch was für Langweiler. Stattdessen lieber Zocken wie die richtig Großen. Zwar hat nicht einmal ein Warren Buffett in den letzten Jahren noch eine passende passive Benchmark geschlagen. Aber das lassen wir mal außen vor. Auch ein Michael O’Higgins als Dividenden-König wurde von seinen eigenen Kollegen dutzendfach mit seiner Poor-Dog-Strategie widerlegt. Aber das wird mit keiner Silbe erwähnt. Weshalb auch? Das würde ja nur am Image dieser Börsenstars kratzen und nicht mehr ins Bild passen.

„Als Vielleser und früherer Autor des Finanzbuch-Blogs ‚hankes-boersen-bibliothek.de‘ habe ich sie alle gelesen.“
Ulrich W. Hanke

Ich hoffe sehr, dass der Autor damit nicht alle Börsenexperten meint, sondern nur die in diesem Buch abgebildeten.

Denn nicht einmal mir würde ein solcher Satz über die Lippen kommen. Und ich gehöre wohl zu den größten Büchereulen in der Finanzbranche. Es ist bei der Vielzahl an teilweise ungeheuerlich abstrusen Finanzbücher überhaupt nicht möglich, sie „alle“ zu lesen. Das Wort „alle“ ist in Kombination mit Literatur schlichtweg lächerlich.

Etliche hat der Autor offenbar noch nicht gelesen: Gerd Kommer oder Andreas Beck, John Bogle, Tony Robbins, Nate Silver, Stefan Tremel, Thomas Kehl, Jessica Schwarzer, Pirmin Hotz, Nikolaus Braun. Oder eine ganze Reihe weiterer Autoren, die statt Cherry-Picking-Kalkulationen wissenschaftliche Quellen in ihren Büchern platzieren.

„Finden Sie heraus, welcher Stil zu Ihnen passt, wandeln Sie in den Fußstapfen der Legenden – und finden Sie den ganz eigenen Weg zu Ihrem persönlichen Börsenerfolg!“

Platter kann man es kaum formulieren.

An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor. Diese werfen nicht unbedingt ein besonders gutes Licht auf die Magazine und Zeitungen der Finanzwelt:

Ulrich W. Hanke war als Redakteur für die WirtschaftsWoche, Capital, Financial Times Deutschland und Börse Online tätig. Der Diplom-Betriebswirt ist Herausgeber und Chefredakteur von boersianer.info.

Solche Quellen leben von großen Namen, stetig neuen Analysen, Empfehlungs- und Checklisten zur Aktienanalyse. So halten sie ihrer Leser bei Laune, ohne wirklichen Mehrwert zu schaffen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind für solche Formate viel zu sperrig. Stattdessen wird lieber der nächste Ex-Milliardär zum Interview eingeladen. Der wurde zwar wegen Vergehen am Kapitalmarkt verurteilt, aber wie dem auch sei: In der Branche hält man zusammen.

Überrascht hat mich allerdings die klare Haltung des Autors gegenüber der technischen Analyse:

„Ich kenne keinen Anleger, der durch Charttechnik reich geworden ist. Das sagt doch schon alles zu diesem Thema.“
Ulrich W. Hanke

Wenigstens in dieser Sache stimmen wir definitiv überein. Vielleicht kommt meine Kritik an dieser Stelle auch zu hart rüber. Prinzipiell handelt es sich immer noch um ein solides Buch. Was mich nur so vehement stört, ist der fehlende kritische Diskurs. Es wurden in einer Leichtigkeit oberflächliche Analysen abgetragen und daraus Checklisten abgeleitet. Das lässt schlichtweg schon strukturell keinen wirklichen Mehrwert zu.

„Warum machen wir es also nicht wie die Chinesen? Kopieren wir doch einfach die Besten der Besten. Wer sich deren Stile erfolgreich angeeignet hat, kann später auch eigene Wege gehen und überflügelt die Börsengurus vielleicht sogar irgendwann einmal – ist also am Ende keine Kopie mehr, sondern ein Original. Wichtig ist dabei die Disziplin, an seiner Strategie festzuhalten, auch wenn sie einmal nicht funktioniert. Nur so stellen Sie, liebe Anlegerinnen und Anleger, sicher, dass Sie noch nach Ihrer Anlagestrategie handeln, wenn sich diese nach einer Verschnaufpause wieder auszahlen sollte.“
Ulrich W. Hanke

Die Guru-Attitüde ist nicht nur falsch, sie ist in vielen Bereichen auch einfach gefährlich.

Denn die allermeisten der Ansätze funktionieren überhaupt nicht, erst recht nicht langfristig. Privatanleger wären mit passiven Strategien deutlich besser bedient und würden ein signifikant geringeres Risiko tragen. Dessen sollte man sich bewusst sein, bevor man einen O’Higgins empfiehlt. Dessen Poor Dogs sind in den letzten Jahren immer wieder deutlich unter die Räder gekommen.

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„Noch einfacher geht es, wenn Anleger aus den ‚Dogs‘ nur eine einzige Aktie auswählen, nämlich die mit dem zweitniedrigsten Aktienkurs. Das ist streng genommen, wie auch O’Higgins zugibt, gar kein Portfolio, also auch keine Portfoliostrategie, hat aber, empirisch belegt, in der Vergangenheit gut funktioniert. O’Higgins nennt die Methode „Penultimate Profit Prospect“ (PPP). Warum gerade die mit dem zweitniedrigsten Kurs? So schließt er Fehler beim Top-Wert mit dem niedrigsten Kurs aus.“
Ulrich W. Hanke

Diese Passage trifft den Kern des Buches besonders gut. Das ist Schönfärberei von historischen Zahlen, die für die Zukunft keinerlei Aussagekraft haben. Man nehme einfach den dritten Wert von unten links. Vorher haben wir zwar alles nach System geordnet. Aber empirisch, statistisch und nicht kausal (!) haben wir gesehen, dass dieser besser ist. Das hat rein gar nichts mit Wissenschaft zu tun. Das ist Pseudo-Wissenschaft, das ist die Finanzbranche in einer Nussschale.

So kann ich am Ende nicht mehr als zwei Sterne vergeben und damit ein gnädiges „Solide“.

Das Buch wird maximal den Menschen eine Freude bereiten, die Guru-Gehabe lieben. Vielleicht mag sich mancher die oberflächlichen Börsenstar-Geschichten durchlesen, weil er zu faul ist, es mit den Originalen aufzunehmen. Dann wird er aber eben keine kritische Einordnung finden, nur viel Lobhudelei. Hörensagen und Geschwafel runden die Kapitel ab. Insgesamt einfach kein besonders gutes Werk und definitiv keiner Empfehlung meinerseits.

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