RHETORIK IST KEINE KUNST, SONDERN KEIN PROBLEM von Michael Rossié* ist ein erfrischender Blick auf die große, weite Welt der Redekunst. Auf süffisante Art und Weise stellt der Autor die traditionellen Regeln der Rhetorik infrage. Stattdessen wirbt er für einen neuen, freieren und vor allem zielgerichteteren Ansatz für das Halten von Reden und Vorträgen. Als Meister seines Fachs weiß er dabei selbstverständlich auch sprachlich zu überzeugen. / Anzeige
Michael Rossié lädt mit seinem Buch dazu ein, die Denkweise in Bezug auf das Reden zu verändern.
Damit richtet er sich vor allem an Personen, die bislang eher Kontakt mit konventionellen bzw. konservativen Rhetorik-Lehren hatten.
Das Buch startet mit einem eindringlichen Vorwort, das deutlich macht: Reden sollte weder Therapie für das eigene Ego noch Möglichkeit zur Selbstinszenierung sein. Zwar ist es das leider zweifelsohne für viele. Aber das ist nicht das, was der Autor unter Reden versteht. Vielmehr ist es für ihn ein Dienst am Publikum, bei dem Inhalt, aber auch Form eine zentrale Rolle spielen.
Immer wieder betont er die Wichtigkeit von Respekt gegenüber dem Publikum. In diesem Zuge kritisiert er vehement die Vorstellung, dass Reden lediglich eine Frage der Form seien.
Recht schnell wird auch die Kernthese des Buches deutlich:
„Sie können auf der Bühne nichts falsch machen!“ Für Michael Rossié sind Reden kein Selbstzweck. Sie sind vielmehr eine Gelegenheit, Informationen effektiv zu vermitteln und eine Verbindung zum Publikum herzustellen.
Im Laufe des Buches führt er die Leser durch ganz verschiedene Möglichkeiten, eine Rede zu halten. Besonders betont er die Vielfalt der Ansätze, die je nach den individuellen Fähigkeiten, Zielen und Zeitrahmen des Redners variieren können. Er hebt hervor, dass es kein einheitliches Rezept für eine erfolgreiche Rede gibt. Der Fokus sollte darauf liegen, eine Rede zu entwickeln, die zum Redner und zum Anlass passt.
„Wenn Sie sich dazu entschlossen haben, auf dem Geburtstag Ihrer Mutter ein paar Worte zu sagen, wenn Sie Chef eines Unternehmens werden wollen oder Vereinsvorsitzender, wenn Sie was verkaufen oder wenn Sie einfach nur die Welt verändern wollen, dann, und nur dann, ist dieses Buch für Sie geeignet.
Ich werde Sie nicht motivieren, nicht bemitleiden oder beruhigen. Ich werde Ihnen erst nach Ihrem Entschluss, auf die Bühne zu gehen, zeigen, wie einfach das ist.“
Michael Rossié
An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:
Michael Rossié ist ein renommierter Sprechtrainer, Coach und Autor mit über 30 Jahren Erfahrung in der Welt der Kommunikation. Als Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor arbeitete er für beliebte Fernsehserien wie „Der Bergdoktor“, „Für alle Fälle Stephanie“ und „In aller Freundschaft“.
Nach seinem Studium an der Schauspielschule Ruth v. Zerboni (München) begann seine Karriere auf der Bühne und vor der Kamera. Schon früh gab er darüber hinaus sein Wissen und seine Fähigkeiten als Trainer und Coach weiter. Sein Angebot richtete sich vor allem an Schauspieler, Moderatoren und Führungskräfte in der Wirtschaft.
Michael Rossié dient seit 2012 als Vizepräsident des Berufsverbands der Redner deutscher Sprache (GSA). Seit 2013 trägt er den Titel CSP (Certified Speaking Professional) und ist Mitglied in den Top 100 von Speakers Excellence.
„Eine geschriebene Rede kann große Literatur sein, Kunst im besten Sinne. Ob man dann aber von Vortragskunst sprechen sollte, wenn diese Rede vorgelesen wird?“
Michael Rossié
Auf den ersten Blick scheint das Buch etwas in die Jahre gekommen zu sein.
Zumindest, wenn man das Cover betrachtet. Nachdem ich es vollständig gelesen habe, muss ich aber zugeben, dass das Cover vielleicht sogar perfekt gewählt wurde. Denn inhaltlich holt es womöglich genau die Zielgruppe ab, die in Bezug auf Rhetorik etwas in die Jahre gekommen ist.
Was man daneben auf dem Cover direkt spürt, ist die lockere und lässige Art des Autors. Ich schätze ihn sehr dafür, dass er sich selbst nicht immer ganz ernst nimmt. Viele seiner Vorträge habe ich schon auf YouTube oder in Online-Kursen genießen dürfen.
Am Backcover und der sehr festen und schweren Bindung habe ich grundsätzlich nichts auszusetzen. Nur steigt dadurch auch der Preis ein wenig und ist mit 29,80 Euro dann doch recht hoch, trotz der Hardcover-Bindung. Für die über 300 Seiten und die doch recht umfangreiche Gestaltung im Inneren liegt das aber aus meiner Sicht noch vollkommen im Rahmen.
Entspannt beginnt das Buch zunächst mit nicht ganz ernst zu nehmenden Regeln für schlechte Redner.
Da musste ich auf Anhieb das ein oder andere Mal schmunzeln und fühlte mich in meine Schul- und Unizeit zurückversetzt. In dieser Zeit war es eben, wie auf dem Backcover beschrieben, das Wichtigste, alle Regeln und Normen zu befolgen. Wie der Inhalt und die Begeisterung beim Publikum ankamen, spielte dagegen keine Rolle. „Ihr habt ja gar kein Flipchart genutzt, deswegen kann ich keine 1 geben …“ Und: „Wo war die ‚Vielen Dank für die Aufmerksamkeit‘-Slide in der PowerPoint-Präsentation?“
Schon der erste Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart, dass es ein sehr breit gefächertes Rhetorik-Buch ist. Michael Rossié deckt unglaublich viele Bereiche ab und geht im Grunde auf alles zumindest kurz ein. Für einen guten Überblick sicherlich nicht verkehrt. Und es entspricht insbesondere der Überzeugung von Michael Rossié als Rhetorik-Experte, dass jeder seinen eigenen Weg finden sollte. Er als Autor könne lediglich das Rüstzeug und eine Schar von Ideen und Erfahrungswerten anbieten.
Inhaltlich ist es wirklich ein hervorragendes Buch.
Viele der Ansätze kannte ich zwar bereits aus seinen Auftritten, manches war aber auch für mich noch neu. Und selbst wenn nicht, konnte ich das Wissen zumindest auffrischen. Alles kann man bekanntlich ohnehin nie präsent haben. Das Buch bietet als Nachschlagewerk auf jeden Fall einen wirklich guten Überblick. Abgerundet wird es mit etlichen nützlichen Übungen, praktischen Beispielen und interessanten Missverständnissen, die der Autor idealerweise direkt aufklärt.
„Erst wollen wir einen spannenden Inhalt oder zumindest gut unterhalten werden. Dann sehen wir uns die Form an. Was bedeutet das für Ihre Rednerkarriere? Wenn Sie was zu sagen haben, ist es fast egal, wie Sie das tun. Stecken Sie also am besten Ihre ganze Energie in Ihr Thema und nicht in die Vermeidung tänzelnder Schritte bei Erreichen des Bühnenrandes oder in das Üben großer Handbewegungen. Ich glaube überhaupt nicht daran, dass die Redner mit der brillanten Form uns über einen sehr dürftigen Inhalt hinwegsehen lassen. Es geht darum, natürlich zu sein in einer unnatürlichen Umgebung. Ideal wäre ein neuer Inhalt, gut erklärt, der mich berührt und unterhaltsam ist und mit ruhigen Bewegungen von einem Menschen lebendig frei vorgetragen, der mir einigermaßen sympathisch ist.“
Michael Rossié
Schlussendlich hat nicht viel zur Bestbewertung gefehlt.
Ich habe zwar nicht großartig etwas auszusetzen. Aber aus meiner Sicht fühlt es sich mehr nach einem sehr guten Vier-Sterne-Buch an.
Insgesamt ist Rhetorik ist keine Kunst, sondern kein Problem* ein locker-leichtes Buch, das die traditionellen Konventionen der Rhetorik infrage stellt. Es bietet einen neuen Blick auf das Halten von Reden und Vorträgen. Die persönlichen Erfahrungen des Autors und seine Leidenschaft für das Thema sowie seine entspannte und humorvolle Art machen dieses Buch zu einem lustig-wertvollen Begleiter. Bestens geeignet für alle, die ihre Redefähigkeiten verbessern und Ballast aus Schule, Studium und „Learning on the Job“ ablegen möchten.
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