ANLEITUNG ZUM UNGLÜCKLICHSEIN von Paul Watzlawick* ist ein spannender Klassiker, den ich nun endlich für euch aufarbeiten und rezensieren konnte. Es heißt, seine Anleitungen nicht zu befolgen, sei der erste Schritt zum Glück – und da ist einiges dran. Denn dieses Buch ist im Grunde nichts anderes als eine Endlosspirale der emotionalen und damit letzten Endes körperlichen Selbstzerstörung. Ein Manifest der Selbstsabotage. Einer Disziplin, in der mehr Menschen überdurchschnittliche Leistungen erzielen als es uns manches Mal lieb wäre. / Anzeige
Denn seien wir Mal ehrlich: Es ist schon was dran, wenn man sagt, der größte Feind ist dein innerer Schweinehund. Paul Watzlawick hat daraus einen Millionenbestseller gemacht und kam zu dem skurrilen Fazit, dass das Leiden ungeheuer schön sein muss. Wie sollte man sonst rational erklären können, weshalb so viele Menschen sich tagein tagaus selbst sabotieren, dafür am Ende aber anderen die Schuld geben, um sich in der Opferrolle suhlen zu können.
Der Ansatz des Autors ist damit komplett konträr zu der typischen Guru-Literatur im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung. Die Realität und das, was die Menschen aus solchen Büchern am Ende umsetzen, sieht leider häufig anders aus. Watzlawick macht uns ein ums andere Mal bewusst, wie wir uns selbst permanent im Weg stehen. Ein Fakt, den man sich manchmal nur schwer eingestehen kann.
„Unglücklich sein kann jeder; sich unglücklich machen aber will gelernt sein, denn dazu reicht etwas Erfahrung mit ein paar persönlichen Malheurs nicht aus.“
Paul Watzlawick
In einem oder mehreren der verschiedenen Kapitel, die allesamt eigene Geschichten erzählen, wird sich ein:e jede:r von uns wiederfinden. „Denn wir alle sind Meister darin, unseren Alltag unerträglich zu gestalten und banale Widrigkeiten viel zu ernst zu nehmen.“ Paul Watzlawick
Dieses kleine Buch kann uns dabei helfen zu verstehen, warum wir sind, wie wir sind und warum wir täglich gegen unser Glück ankämpfen müssen.
Der Autor Paul Watzlawick wurde 1921 in Villach in Kärnten (Österreich) geboren und ist 2007 in Palo Alto, Kalifornien, gestorben. Er studierte Philosophie und Sprachen und machte eine psychotherapeutische Ausbildung am C.G.-Jung-Institut in Zürich. Von 1957 bis 1960 war er Professor für Psychotherapie in El Salvador, später lehrte er an der Stanford University. Seine Bücher wurden in mehr als 80 Sprachen übersetzt.
Mir persönlich fiel das Lesen dieses Buches mit der Zeit immer schwerer. Denn es ist voller Negativität. Diese ist zwar verpackt in Ironie und Sarkasmus. Dennoch schwingt sie immer mit und kann die Leser:innen ganz schön runterziehen. Ich empfehle daher sorgsam mit dem Konsum dieses Buches umzugehen, wenn man ein so sensitiver Mensch ist wie ich.
„Was kann man nur von einem Menschen … erwarten? Überschütten Sie ihn mit allen Erdengütern, versenken Sie ihn in Glück bis über die Ohren, bis über den Kopf, so dass an die Oberfläche des Glücks wie zum Wasserspiegel nur noch Bläschen aufsteigen, geben Sie ihm ein pekuniäres Auskommen, dass ihm nichts anderes zu tun übrigbleibt, als zu schlafen, Lebkuchen zu vertilgen und für den Fortbestand der Menschheit zu sorgen – so wird er doch, dieser selbe Mensch, Ihnen auf der Stelle aus purer Undankbarkeit, einzig aus Schmähsucht einen Streich spielen. Er wird sogar die Lebkuchen aufs Spiel setzen und sich vielleicht den verderblichsten Unsinn wünschen, den aller unökonomischsten Blödsinn, einzig um in diese ganze positive Vernünftigkeit sein eigenes unheilbringendes phantastisches Element beizumischen. Gerade seine phantastischen Einfälle, seine banale Dummheit wird er behalten wollen …“
Friedrich Nietzsche
Diese Worte stammen zwar nicht von Paul Watzlawick, sondern von Friedrich Nietzsche, aber ersterer greift sie sehr passend zu Beginn seines Buches auf.
Denn für ihn bringt Nietzsche perfekt zum Ausdruck, welch irrationale Entscheidungen unser menschliches Wesen uns doch häufig treffen lässt.
Watzlawick drückt Nietzsches Worte etwas einfacher aus: „Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen.“
Glaubst du nicht? Na, dann lass dir gerne von Paul Watzlawick etwas Inspiration geben und wirf mal einen Blick ins Buch. Du wirst wohlmöglich nicht nur dich, sondern auch viele Menschen in deinem Umfeld bei diesen unbewussten Gedanken wiederfinden und dich erschrecken, wie wahr seine Worte häufig zu sein scheinen.
Voller Ironie fährt Watzlawick fort: „Es ist höchste Zeit, mit dem jahrtausendealten Ammenmärchen aufzuräumen, wonach Glück, Glücklichkeit und Glücklichsein erstrebenswerte Lebensziele sind. Zu lange hat man uns eingeredet und haben wir treuherzig geglaubt –, dass die Suche nach dem Glück uns schließlich das Glück bescheren wird.“
„Die Weltliteratur allein schon hätte uns längst misstrauisch machen sollen. Unglück, Tragödie, Katastrophe, Verbrechen, Sünde, Wahn, Gefahr – das ist der Stoff, aus dem die großen Schöpfungen bestehen. Dantes Inferno ist ungleich genialer als sein Paradiso; dasselbe gilt für Miltons Paradise Lost, demgegenüber Paradise Regained ausgesprochen fade ist; Jedermanns Sturz reißt mit, die ihn schließlich rettenden Engelchen wirken peinlich; Faust I rührt zu Tränen, Faust II zum Gähnen. Machen wir uns nichts vor: Was oder wo wären wir ohne unsere Unglücklichkeit? Wir haben sie bitter nötig; im wahrsten Sinne dieses Wortes.“
Paul Watzlawick
Ich würde ihm da gerne widersprechen. Leider spricht die Literatur jedoch eine ziemlich deutliche Sprache. So sind beispielsweise unter den erfolgreichsten Finanzbuchautor:innen überdurchschnittlich viele Crash-Propheten und Crash-Prophetinnen und meine lokale Buchhandlung entgegnete mir mal auf die Frage, weshalb sie so wenig Finanzliteratur führen: „ Das einzige Finanzbuch, das sich hier jemals besser verkauft hat, war DER GRÖSSTE CRASH ALLER ZEITEN von Marc Friedrich.“ Traurige Wahrheit.
Paul Watzlawick hat es sich zum Ziel gesetzt mit seinem Buch eine methodische, grundlegende und auf Jahrzehnten klinischer Erfahrungen beruhende Einführung in die brauchbarsten und verlässlichsten Mechanismen der Unglücklichkeit zu bieten.
Dabei darf man bei all seinen Ausführungen nie den Humor vergessen, mit dem er schreibt.
Der Autor selbst schließt sein Buch mit den Worten von Dostojewski: „Alles ist gut … alles. Der Mensch ist unglücklich, weil er nicht weiß, dass er glücklich ist. Nur deshalb. Das ist alles, alles! Wer das erkennt, der wird gleich glücklich sein, sofort, im selben Augenblick … So hoffnungslos einfach ist die Lösung.“
Ein wirklich beeindruckendes Werk. Fast schon eine Ode an die Selbstsabotage, der sich ein Großteil der Gesellschaft tagein tagaus hingibt. Dennoch fiel es mir an vielen Stellen aus einem einfachen Grund schwer weiterzulesen: Vieles im Buch ist nicht ernst gemeint, sondern vielmehr ironisch und sarkastisch. Sich das immer wieder ins Bewusstsein zu rufen, war anstrengend. Obgleich mir das selbstverständlich bewusst war, zog mich persönlich die Negativität in manchen Denkstrukturen immer wieder runter.
So kommt es, dass mir zwar einige Stellen unglaublich gut gefallen haben, ich aber trotzdem sagen muss, dass mir das Buch nicht besonders gutgetan hat.
Schlussendlich muss man diese originelle und weitestgehend einzigartige Art des Autors honorieren. Vor allem aber seine tiefgründig philosophische Analyse alltäglicher Situationen.