Ein super Einsteigerbuch für das effektive Lernen. Lernmethoden für Universität und Schule werden unter die Lupe genommen. Besser im Studium
Wissen & Gesundheit

Das neue Lernen: heißt Verstehen

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★★★★☆

DAS NEUE LERNEN: HEISST VERSTEHEN von Henning Beck* ist das spannende Werk eines Neurowissenschaftlers. Er bringt uns nicht nur unser Gehirn näher, sondern geht auch kritisch mit all den Angeboten und Mythen im Netz um. Mit seinem Buch setzt er wichtige Impulse für das zukünftige Lernen im Bildungsbereich. Das ist für mich ein zentrales Thema. Denn wenn es ums Lernen geht, zeigt sich unsere perfide Instant-Gesellschaft allzu gerne überdeutlich: Tipps von Machern und kurzfristige Strategien sind vorprogrammiert. / Anzeige

Umso wertvoller, wenn sich dann ein Neurowissenschaftler zu Wort meldet und seine Thesen nicht nur sauber belegen kann, sondern auch selbstkritisch darüber spricht, in welchen Bereichen selbst die Wissenschaft noch im Dunkeln tappt.

Aus dem Studium kenne ich noch die typischen Lernstrategien: Bulimie-Lernen, vor der Klausur noch panikhaft in den Mitschriften blättern und Hausarbeiten am letzten Abend aus mehr oder weniger seriösen Quellen zusammenschustern. Viele Aktivitäten zielen nur auf eines ab: mit minimalem Aufwand irgendwie durchkommen und im Idealfall sogar eine gute Note mitnehmen. Ich war da schon immer anders. Mir war es viel wichtiger, die Dinge auch zu verstehen, sie zu begreifen und Zusammenhänge zu bilden. Was bringt es mir, stumpf Daten, Namen und Fakten auswendig zu lernen und in der Klausur auf das Blatt auszukippen, wenn ich eine Woche später schon nichts mehr davon weiß?

Das ist für mich der Inbegriff von „Lernen für den Abschluss“ und absolut fragwürdig.

Aber es ist zumindest teilweise auch verständlich in einem Land, in dem Zertifikate immer noch einen solch hohen Stellenwert haben.

Henning Beck räumt auf mit all den halbgaren Tipps und Tricks und skizziert einen neuen Weg des Lernens. Dieser Weg würde auch in Schulen funktionieren – und wir müssten dafür nicht zwangsläufig alle mit einem iPad ausstatten. Er nimmt unzählige bekannte Lernmethoden aufs Korn und leitet wissenschaftlich fundiert her, wie wir es besser machen könnten.

Wer erfahren möchte, wie man Wissen langfristig behält, ist mit diesem Buch bestens bedient. Der Autor unterstreicht den Ansatz des lebenslangen Lernens und Wachsens, den auch Bodo Schäfer immer wieder betont. Ob in der Schule, Ausbildung, im Studium, später im Unternehmen oder im täglichen Alltag: Wir können auf allen Ebenen davon profitieren.

„Lernen ist aber nur die halbe Miete. Denn das, was man gelernt hat, kann man auch wieder verlernen. Erst wenn wir Zusammenhänge verstanden haben, können wir dauerhaftes Wissen aufbauen.“
Henning Beck

An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:

Henning Beck studierte Biochemie in Tübingen und promovierte an der dortigen Graduate School of Cellular & Molecular Neuroscience. Danach arbeite er an der University of California in Berkeley. Heute publiziert er regelmäßig in der WirtschaftsWoche und für das GEO-Magazin und hält Vorträge zu Themen wie Hirnforschung und Kreativität. Außerdem ist er Autor von Hirnrissig* und Irren ist nützlich*.

„Ich bin gern zur Schule gegangen. Es klingt komisch, aber ich habe es geliebt, neue Sachen zu lernen. Jeden Tag durfte ich was ausprobieren und habe etwas Neues erfahren. Und das auch noch gratis! Was für ein Geschenk. Während für viele meiner Mitschüler der wohl schönste Tag der Schulzeit die Abschlussfeier nach der Übergabe des Abiturzeugnisses war (so wurde es zumindest mehrfach versichert), erinnere ich mich besonders gern an meine Einschulung. Was für ein Tag! Ich durfte endlich dorthin, wo man so viel lernen konnte. Okay, es gibt drei Gründe für diese positive Erinnerung. Vielleicht hatte ich besonderes Glück mit meinen Lehrern (das kann ich weitestgehend bejahen). Möglicherweise war meine Schule besonders fortschrittlich (nicht unbedingt). Oder ich habe einen an der Waffel. Schließlich hat das Lernen in der Schulzeit heute ein eher durchwachsenes Image.“
Henning Beck

Was mir besonders gut an diesem Buch gefällt, ist die lockere, humorvolle und heitere Sprache des Autors.

Obgleich er als Neurowissenschaftler vermeintlich aus der langweiligen Theorie kommt, zeigt er umso deutlicher, dass dies ein unnötiges Klischee ist. Es gelingt ihm, komplexes Wissen auf spielend leichte Art und Weise zu vermitteln. Aber was soll man auch anderes von jemandem erwarten, der zum Ende des Buches Ratschläge für ein gelungeneres Bildungssystem gibt.

„Lernen ist allgegenwärtig, ständig muss man sich irgendwo fortbilden, ob schulisch, beruflich oder privat, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Der Fortschritt ist so gewaltig, dass selbst Lern- und Lehrprofis zurückzubleiben drohen. ‚Lernen ist wie Rudern gegen den Strom, sobald man aufhört, treibt zurück‘, las ich neulich in meinem Poesiealbum.“
Henning Beck

Proaktiv geht Hennig Beck auch schon auf typische Kritik in Richtung Lernen ein:

„Ist Lernen noch zeitgemäß? […] Wenn man alles Wissen überall googeln kann, wozu soll man dann noch etwas auswendig können? Oder lernen? Oder in die Schule, zu einem Ausbildungskurs oder einer Weiterbildung gehen? Braucht doch keiner zu wissen, wann die USA unabhängig wurden, wer den ‚Zauberlehrling‘ geschrieben hat oder ob Salzsäure ätzender ist als Salpetersäure. Kann man schließlich schnell nachschlagen. […] Irgendwie ist es paradox: Obwohl es permanent so viel Neues gibt in der Welt, erschien Lernen noch nie so überflüssig wie heute. […] Fragen Sie den weltbesten Poker-, Schach-, Go- oder Starcraft-Spieler. Gegen ein maschinell lernendes Spielsystem hat ein Mensch keine Chance mehr. Lernen – das scheint ein Auslaufmodell zu sein, ein prä-digitaler Anachronismus, total von gestern.“
Henning Beck

Die Lösung des Autors: Es geht nicht primär ums Lernen, sondern ums Verstehen. Wer etwas gelernt hat, kann es auch verlernen.

Wenn man aber etwas einmal verstanden hat, kann man es nicht „ent-verstehen“. Denn Verstehen bedeutet für Henning Beck, dass man die eigene Art zu Denken ändert. Relevant sei also nicht, was man ins Gedächtnis packt, sondern wie man es verwenden kann. Das hält er für weitaus wichtiger als das Lernen selbst. Insbesondere mit Bezug auf künstliche Intelligenz wird er nicht müde, an vielen Stellen im Buch herauszuarbeiten, warum Verstehen auf absehbare Zeit Menschen vorbehalten bleiben wird.

Lernen ist für ihn also nicht das perfekte Abspeichern von Informationen. Und auch nicht die Ausbildung eines robusten Gedächtnisses.

Viele Lerntechniken versuchen allerdings, genau das zu bedienen. Sie zeigen nur, wie man in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Fakten ins Gehirn bekommt, damit man für die nächste Prüfung gerüstet ist. Doch Lernen dürfe man eben nicht mit Üben oder Trainieren verwechseln, so Beck. Wer eine Sache eingeübt habe, könne diese später im besten Fall fehlerfrei wiedergeben. Das Problem: Die allermeisten trockenen Fakten bleiben nicht in unserer Erinnerung, sosehr wir sie auch einüben.

Mit gutem Grund: Der Sinn unseres Gedächtnisses bestehe nicht darin, das wiederzugeben, was schon war. Vielmehr soll es uns befähigen, im Hier und Jetzt gute Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

Dazu gehöre aber eben auch vergessen, verlernen, verfremden und verfälschen.

„Wer […] nur zurückschaut, perfekt und fehlerfrei, sieht vielleicht nicht, was auf ihn zukommt. Er kann die Vergangenheit korrekt wiedergeben – aber damit etwas Sinnvolles anzufangen, erfordert noch ein bisschen mehr.“
Henning Beck

4 Sterne und somit ein „sehr gut“ für ein wirklich spannendes Buch. Es ist locker geschrieben mit viel Charme.

Nur manchmal driftet der Autor mir dann doch zu weit vom Thema ab. So geht ab und an der rote Faden verloren. Dennoch konnte ich enorm viele spannende Impulse mitnehmen. Besonders gut gefallen hat mir die kritische Auseinandersetzung mit all dem Müll, den es zum Thema Lernen gibt: all die teilweise bereits seit Jahren und Jahrzehnten widerlegten Mythen, die sich dennoch hartnäckig halten, sowie die Abgründe der Instant-Gesellschaft. Ob es nun der Lerntyp-Mythos ist, den immer noch Dutzende vermeintliche Experten trotz gegenteiliger Studienlage als Novum herausposaunen, oder eben die allzu verbreiteten Bulimie-Strategien für Studierende.

Die Zielgruppe für dieses Buch ist riesig. Ich kann nicht anders, als immer wieder zu betonen, wie wichtig lebenslanges Lernen und Wachsen für uns alle ist.

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