Eines der besten Bücher für Investoren, das ich je gelesen habe. Nate Silver geht deutlich weiter als Nassim Taleb.
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Die Berechnung der Zukunft

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★★★★☆

DIE BERECHNUNG DER ZUKUNFT von Nate Silver* ist ein absoluter Bestseller aus den USA. Das Buch behandelt die Themenkomplexe der Prognosen und Wahrscheinlichkeiten. Ich habe lange darüber nachgedacht, ob die Thesen des Autors denen von Nassim Taleb in Der Schwarze Schwan* widersprechen. Denn Taleb sieht im Wesentlichen den unvorhersehbaren Zufall als Schöpfer vieler Ereignisse. Aber schlussendlich habe ich den Eindruck, dass Nate Silver Talebs Thesen in gewisser Weise weiterentwickelt hat. / Anzeige

Bekannt geworden ist Nate Silver durch seine beinahe vollständig korrekten Vorhersagen zur amerikanischen Präsidentschaftswahl 2008. Seitdem beschäftigt er sich noch intensiver mit der Informationstechnologie und ihrer Möglichkeit, in diversen Bereichen noch bessere Prognosen zu erstellen.

Seine zentrale Aussage aus dem Buch hinsichtlich der Herausforderung dabei lautet:

„Das Problem ist nicht der Mangel an Informationen, sondern dass wir die verfügbaren Daten nicht beherrschen, sie nicht miteinander verknüpfen, das wesentliche Signal im Datenrauschen nicht erkennen.“

Damit liegt er auf einer Wellenlänge mit seinem – zumindest in Deutschland – bekannteren Pendant Nassim Taleb. Nate Silver ist nun aber der Meinung, dass zuverlässige Prognosen grundsätzlich möglich seien. Es gelte lediglich, Zufälle und Ungewissheiten abzuwehren und unser Schicksal selbst zu bestimmen.

Inhaltlich beginnt er sein Buch mit einer kleinen Zeitreise in die Anfänge der zügigen und breit gestreuten Informationsverarbeitung. Von Gutenberg über die ersten Computer und die Einführung des Internets werden verschiedene Stufen des Fortschritts und der „Informationsüberfütterung“ gegenübergestellt. Dieser besondere Begriff zieht sich wie ein roter Faden durch sein Werk. Er begründet ihn beispielsweise an Studien wie der aus dem Magazin „Nature“, welche zu folgendem Ergebnis kam: Je mehr Informationen Politiker über die globale Erwärmung besitzen, desto weniger sind sie sich untereinander einig.

Auf den mehr als 550 Seiten geht der Autor dabei durchaus ins Detail.

An wenigen ausgewählten und über alle Disziplinen hinweg verteilten Beispielen zeigt er die Grenzen von Experten und ihren Prognosen auf. Dabei reicht das Spektrum von der jüngsten Finanzkrise bis hin zu Sportereignissen, der Erdatmosphäre und Infektionskrankheiten. Dieses Buch sollte somit in allen Forschungsgebieten bekannt sein! Leider rechtfertigen viele Experten weiterhin ihre teilweise sehr krassen und weitreichenden Fehleinschätzungen schlichtweg mit ihrer Unwissenheit um ein unvorhersehbares Vorkommnis: „Niemand sah es kommen.“

Fakt ist: Wir vergessen oder wollen schlichtweg nicht wahrhaben, dass unsere Modelle Vereinfachungen der Welt darstellen.

Und wenn wir Fehler machen, dann glauben wir, dass diese noch im Toleranzbereich unserer Modelle lägen. In komplexen Systemen werden die Fehler aber nicht nur in wenigen Prozentpunkten gemessen und beobachtet. Sondern sie liegen in ganz anderen, extremen Größenordnungen. Wir dürfen uns allerdings gerade im Informationszeitalter nicht einfach auf unsere Modelle verlassen. Denn sonst nimmt zwar das Wissen in der Welt zu. Aber die Diskrepanz zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir zu wissen glauben, ebenfalls.

Nach den Fallbeispielen schwenkt Nate Silver dann nochmals auf allgemeinere Themen über. Zuerst widmet er sich der Objektivität von Prognosen. So wird objektiv manchmal als Synonym für quantitativ verwendet. Doch das ist nicht zutreffend. Denn eigentlich bedeutet Objektivität, dass wir jenseits unserer persönlichen Neigungen und Vorurteile das eigentliche Problem erkennen.

„Vollkommene Objektivität ist erstrebenswert, aber in dieser Welt nicht zu erreichen. Wenn wir eine Prognose stellen, dann müssen wir unter vielen verschiedenen Methoden auswählen.“
Nate Silver

Und genau in dieser Auswahl liegt bereits die Subjektivität begründet. Eine hohe Quantität kann dieses Problem nicht mehr ausgleichen.

Danach wird das Bayes-Theorem behandelt, was jedem BWL-Absolventen eigentlich ein Begriff sein sollte.

In meinem Umfeld bin ich allerdings häufig auf Achselzucken gestoßen. Nate Silver ist bekennender Anhänger von Thomas Bayes und seine Ausführungen und Interpretationen zu dessen Theorem sind sehr lesenswert. Kern dieses Theorems ist die Erkenntnis: Wir müssen die Fehlbarkeit unseres Urteilsvermögens akzeptieren, wenn wir zu genaueren Vorhersagen gelangen wollen. Bewegen wir uns stets in den Extremen von 100 und 0 % Zustimmung, werden wir die Wahrheit nicht ergründen.

Damit leitet Silver dazu über, dass das Prinzip der Weisheit der Masse grundsätzlich funktioniert. Zumindest, solange die Prognosen der Einzelnen voneinander unabhängig erfolgen, bevor man sie zu einer Gesamtprognose zusammenführt. Das Problem ist nur, dass die Beteiligten in realen Szenarien (einschließlich der Börse) aufeinander reagieren. Und somit erfolgen die Prognosen nicht mehr unabhängig voneinander. Unter diesen Umständen – und das wusste bereits Gustav Le Bon – beginnt die Masse, sich gemeinsam dynamisch zu verhalten. Und das führt zu erhöhter Komplexität.

So kommt der Autor zu dem Schluss, dass die Bewegungen an der Börse in jedem sinnvollen Zeitraum unvorhersehbar sind.

Demnach schneiden zwar einige Investoren über kürzere Zeiträume besser ab als andere. Aber das ist bei Roulette-Spielern in Las Vegas auch nicht anders.

Ein wenig sarkastisch fügt er hinzu:

„Vielleicht sollten wir etwas Sympathie für diese armen Chartanalysten aufbringen. Das Signal vom Rauschen zu unterscheiden, ist nicht immer einfach.“
Nate Silver

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Auch die Investoren, die sich aufgrund von Kennzahlen in der Rückschau ein Portfolio aufbauen, kommen bei ihm nicht besser weg. Denn im Nachhinein ist es natürlich viel einfacher, relevante von irrelevanten Signalen zu unterscheiden. Im Nachhinein scheint das Signal natürlich ganz deutlich zu sein, aber (!): Statistische Signifikanz hat nicht immer etwas mit praktischer Signifikanz zu tun. Nicht jede statistische Beziehung, die in der Rückschau erkannt wird, muss auch eine praktische Abhängigkeit widerspiegeln. Denn aus der statischen Fülle von Daten wird man für so ziemlich alles die passende Kennzahl finden. Lange Zeit hat es beispielsweise auch ausgereicht, die Ergebnisse des Super Bowls zu beobachten. Dann wusste man, wie sich der Aktienmarkt in den USA im kommenden Jahr verhalten würde. Eben statistisch, aber beileibe nicht praktisch signifikant.

Doch wie kann es sein, dass die Börsenkurse langfristig sehr gut vorhersehbar sind, kurzfristig aber derart unvorhersehbar?

Theoretisch und empirisch spricht sehr viel dafür, dass Investmentfonds und auch institutionelle Anleger dem Herdentrieb folgen. Dazu gibt es bereits etliche wissenschaftliche Untersuchungen. Bei Privatanlegern ist dies natürlich schwer zu untersuchen, da die Datenmenge nicht durchgängig gegeben ist. Darüber hinaus besteht eine Art Symbiose zwischen irrationalen und fähigen Händler am Aktienmarkt, ähnlich wie beim Poker. Dazu führt der Autor in einem der ersten Kapitel aufgrund seiner eigenen Pokervergangenheit ein sehr interessantes Beispiel an. In beiden Fällen ist der qualifizierte Akteur (fähiger Investor) auf den Verlierer (irrationaler Investor) angewiesen. Denn dessen Verlust ist sein Gewinn. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur werden diese irrationalen Händler auch als „Noise Trader“ bezeichnet.

Stellt sich nur die Frage, welche Art von Investor du bist.

„Die große Gefahr des Informationszeitalters liegt darin, dass das Wissen in der Welt zwar zunimmt, aber die Diskrepanz zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir zu wissen glauben, möglicherweise ebenfalls.“
Nate Silver

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