Ein Buch ganz im Stile des Titels des Autors. Dr. Doom Nouriel Roubini macht seinem Namen alle Ehre: Kein empfehlenswertes Sachbuch für mich.
Politik

Megathreats

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★★☆☆☆

MEGATHREATS von Nouriel Roubini* ist ein ziemlich umfangreiches Werk über die zehn größten Bedrohungen, die der Autor auf uns zukommen sieht. Er beschreibt, wie diese sich laut seiner Erwartung überschneiden und gegenseitig verstärken werden. Seiner Meinung nach besteht ein enger Zusammenhang zwischen Schuldenbergen und Schuldenfallen, billigem Geld und Finanzkrisen, künstlicher Intelligenz und Arbeitsplatzverlust, Entglobalisierung, geopolitischen Auseinandersetzungen zwischen den Großmächten, Inflation und Rezession, Währungskrisen, Ungleichverteilung und Populismus, globalen Pandemien und Klimawandel. / Anzeige

Schon bei dieser Auflistung kann man ahnen, in welcher Stimmung dieses Buch geschrieben wurde und in welche Richtung es gehen wird. Unter Umständen kann sich der ein oder andere nun auch vorstellen, weshalb es lediglich zwei Sterne und damit ein „solide“ von mir erhält.

Wenn ich Ausdrücke wie „Letzte Chance für Wohlstand und Freiheit“ oder eben „10 Bedrohungen unserer Zukunft und wie wir sie überleben“ lese, dann denke ich mir bereits meinen Teil. Diese Form der Artikulation ist nicht meine. Das Leben ist ein stetiger Wandel und Herausforderungen gab es immer und wird es immer geben. Ob man diese nun Bedrohungen nennen, sie als letzte Chance titulieren und herleiten muss, wie wir sie überleben, empfinde ich als höchst fragwürdig.

Der Autor selbst schreibt, dass wir in Sachen Wirtschaftskrisen ein ausgesprochen kurzes Gedächtnis hätten. Er gibt aber selbst kein besonders gutes Beispiel ab, indem er sich in Bezug auf unsere Geschichte ebenso verhält.

Lest euch nur einmal diese Formulierung durch:

„Von einigen Unterbrechungen abgesehen, hat die Welt seit Ende des Zweiten Weltkriegs eine lange Phase des Friedens, des wachsenden Wohlstands und der Produktivität erlebt. Diese Phase des relativen Wohlstands neigt sich heute leider dem Ende zu. Die Warnsignale sind klar und unmissverständlich. Wirtschaftliche, technische, politische, geopolitische, gesundheitliche und Umweltgefahren haben sich zu etwas viel Größerem aufgeschaukelt und werden die Welt bis zur Unkenntlichkeit verändern. Willkommen im Zeitalter der Megabedrohungen.“
Nouriel Roubini

Das ist definitiv nicht mein Geschmack und auch nicht meine Art. Dennoch finde ich es spannend, solche Sichtweisen zu lesen, auch wenn ich sie weder für besonders gelungen noch für zielführend erachte.

Jede einzelne dieser zehn Bedrohungen thematisiert der Autor in einem eigenen Kapitel.

Und darin liegt meiner Meinung nach auch der große Mehrwert des Buches. Denn egal ob Unternehmer oder nicht, hier kann man sicherlich einiges Nützliches für die Zukunft mitnehmen. Gerade im Unternehmertum helfen solche Horrorszenarien dabei, sich auf die Zukunft vorzubereiten, Vorkehrungen zu treffen und Krisen anschließend für noch größeres Wachstum zu nutzen.

„Um es vorwegzunehmen: Ohne großes Glück, beispielloses Wirtschaftswachstum und unwahrscheinliche globale Kooperation wird dies kein gutes Ende nehmen. Zu tief stecken wir im Schlamassel.“
Nouriel Roubini

Leider ist diese Art der Herangehensweise für den Autor fremd. Statt uns Mut zu machen und Tipps und Tricks an die Hand zu geben, malt er ein recht düsteres Bild der Zukunft. Insbesondere dann, wenn er die unterschiedlichen Bedrohungen miteinander verbindet und schreckliche Wechselwirkungen beschreibt. Dahinter steckt sicherlich auch unglaublich viel Wahrheit. Aber exakt so sind solche schwarzmalerischen Bücher bekanntlich auch aufgebaut: Es wird stets ein bisschen Wahrheit genutzt und mit Mutmaßungen vermischt.

Unser Ende scheint für den Autor unabwendbar. Die Gründe dafür sieht er vor allem in politischen Entscheidungen.

„Viele der hier beschriebenen Megagefahren haben sich aus politischen Entscheidungen ergeben, die eigentlich als Lösung für konkrete Probleme gedacht waren: fehlgeleitete Deregulierung der Finanzmärkte, unkonventionelle makroökonomische Politik, auf Kohlendioxidemissionen basierende Industrialisierung, Produktionsverlagerung ins Ausland, die Entwicklung der künstlichen Intelligenz oder die Förderung Chinas auf dessen Weg zu einer international konkurrenzfähigen Macht, um nur einige zu nennen.“
Nouriel Roubini

Einige Formulierungen in der Folge betrachte ich dann wiederum als höchst kritisch:

„Unser Überleben könnte vielmehr davon abhängen, die Freiheit des Einzelnen dem nationalen und globalen Gemeinwohl unterzuordnen. Wenn wir nicht zu nachhaltigem Wachstum für alle finden, dann laufen wir Gefahr, in ein finsteres Zeitalter der Stammeskriege zurückzufallen, in dem widerstreitende Interessen endlose nationale und internationale Konflikte schürten und nur Verlierer zurückblieben.“
Nouriel Roubini

Ich verstehe zwar, was der Autor im Kern damit meint. Aber die Art, wie er es rüberbringt, widerstrebt mir zutiefst. Seiner Meinung nach sind „die ersten dunklen Wolken“ bereits aufgezogen. Aber um das alles zu verstehen, muss man vielleicht wissen, womit Nouriel Roubini Bekanntheit erlangt hat und wie er sein Geld verdient.

Über den Autor:

Nouriel Roubini ist einer der gefragtesten Interviewpartner in Sachen Wirtschaft. Er sorgte international erstmals für Schlagzeilen als er die Finanzkrise von 2008 voraussagte. Eine Prognose, die ihm den Spitzenamen „Dr. Doom“ einbrachte. Roubini war Wirtschaftsberater des Weißen Hauses und des US-Finanzministeriums während der Clinton-Administration. Heute leitet er Roubini Global Economics, ein Unternehmen für Kapitalmarkt- und Wirtschaftsanalysen.

An dieser Stelle kann man bereits den Interessenkonflikt spüren. Denn medial werden vor allem negative und schwarzmalerische Meldungen gerne aufgegriffen. Und auch Kapitalmarkt- und Wirtschaftsanalysen mit negativem Tenor finden sicherlich reißenderen Absatz als optimistische. In gewisser Weise erinnert mich das an Dirk Müller, Florian Homm und ähnliche Konsorten.

„Leider kann ich das nicht. Die Megabedrohungen werden unsere Welt verändern, ob uns das gefällt oder nicht. Wenn wir überleben wollen, dürfen wir uns nicht von ihnen überrumpeln lassen.“
Nouriel Roubini

Selbst im Buch wird nicht einmal davon geschrieben, dass es so kommen könnte, sondern es heißt direkt: „Roubini definiert zehn Bedrohungen, die in ihrer Wechselwirkung verheerende Folgen für die globale Wirtschaft haben werden.“ Es steht also außer Frage, dass diese verheerenden, beinahe apokalyptischen Folgen auf uns zukommen werden. So verkauft man heute Bücher, wird in Talkshows und ins Fernsehen eingeladen und führt ein erfolgreiches Analysten-Unternehmen.

Positiv hervorheben muss ich allerdings die gute deutsche Übersetzung aus dem Englischen von Jürgen Neubauer. Bei manchen Werken spürt man bei Übersetzungen Ruckler. Das war hier aber nicht der Fall.

Abschließend bleibt es sicherlich ein interessantes Buch mit vielen Themen und Perspektiven, die zum Nachdenken anregen können. Man darf sich davon aber nicht zu sehr herunterziehen lassen und zu einem der Jünger von Dr. Doom werden. Die Welt wird sich immer verändern und es wird immer Herausforderungen geben. Diese mögen heute vielleicht besonders groß erscheinen. Aber zu behaupten, dass wir heute vor den größten Umwälzungen aller Zeiten stehen würden, wäre arrogant unseren Vorfahren gegenüber. Man denke nur an die Zeit der Weltkriege, an den Kalten Krieg, die Angst vor der Jahrtausendwende, die Pest, die spanische Grippe, die Hexenverfolgung, die Kreuzzüge, die Hungersnöte, die hunderttausende Iren in die USA getrieben haben und, und, und.

Der Klimawandel wird sicherlich noch ein ganz besonders herausforderndes Kapitel für uns alle sein. Ein Thema, dem wir uns auch nicht entziehen können. Dennoch empfinde ich die Darstellungen des Autors als nicht korrekt und auch seine Didaktik nicht sonderlich zielführend.

Ich lese solche Bücher gerne, um meine eigenen Überzeugungen herauszufordern, über den Tellerrand zu blicken und neue Impulse zu bekommen.

Aber ich lese sie mit eine Art Schutzschild, um mir nicht zu viel von all der Negativität zu eigen zu machen. Sonst verliere ich anschließend den Drive für die Umsetzung von Vorkehrungen.

Wer dazu neigt, sich bei schlechten Nachrichten schnell paralysiert zu fühlen, sollte solche Bücher ausdrücklich nicht lesen. Wer allerdings entspannt und reflektiert damit umgehen kann, wird interessante Dinge finden, mit denen man sich mal auseinandersetzen kann. Aber all die Clickbait-Formulierungen, die ganze Polemik und Übertreibungen sind nicht einfach auszublenden. Dr. Doom macht mit seinen Formulierungen seinem Namen sicherlich alle Ehre …

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