SELFMADE AKTIONÄR von Christoph R. Kanzler* ist ein Finanzbuch für absolute Einsteiger:innen. Der Autor versucht in sehr einfacher Sprache die grundlegenden Funktionsweisen der Finanzwelt zu erklären und Mut zu machen, sich endlich diesem leidigen Thema zu widmen, um den Grundstein für ein sorgenfreies Leben zu legen. / Anzeige
Viele Wege führen nach Rom, doch leider empfehlen Finanzberater:innen, Banker:innen, Sachbuchautor:innen und Finanzblogger:innen gerne die komplizierteren und beschwerlichen Wege. Auf der anderen Seite sind wir Deutschen zwar Weltmeister:innen im Sparen, aber nennenswertes Vermögen häufen wir damit selbst über ein arbeitsreiches Leben hinweg nicht an. Insbesondere im Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn schneiden wir beim durchschnittlichen Haushaltsvermögen deutlich schlechter ab, bei gleichzeitig deutlich höheren Sparquoten.
Christoph R. Kanzler kommt aus der Finanzindustrie und hat dort über Jahrzehnte in verschiedenen leitenden Positionen gearbeitet. Da ist ihm nicht entgangen, dass Millionen Deutsche beim Thema Finanzen und Geldanlage dringend Unterstützung benötigen.
Sein Credo: „Es braucht ein neues Werte- und Selbstverständnis, wie Finanzdienstleistungen funktionieren.“
Deswegen hat er ein Buch geschrieben, das die Funktionsweise der Kapitalmärkte in einer Sprache erklärt, welche auch die Menschen verstehen, die sich vorher mit dem Thema noch nicht beschäftigt haben. Das ist grundsätzlich nichts Neues, weshalb ich sehr interessiert war, wie er sich von anderen Publikationen abgrenzen würde und inwieweit er die Leser:innen konkret an die Hand nehmen würde.
Er hat absolut recht damit, wenn er sagt, dass sich 90 Prozent der Deutschen nicht darüber bewusst sind, wie man auf einfachem Wege, kostengünstig und erfolgreich anlegen kann.
Das ist auch ein Zustand, der mich immer wieder ärgert, aber mit der richtigen Literatur, sollte man diesen Zustand überwinden können, sofern man die Menschen auch zum Lesen und Umsetzen motivieren kann.
„Niemand macht sich gerne einen Kopf ums Geld, dabei ist es unendlich wichtig, die grundlegenden Funktionsweisen unseres Finanzsystems zu kennen, um sich keinen Kopf ums Geld machen zu müssen. Wer nicht am Aktienmarkt teilhat, muss sich auf eine unsichere Rente einstellen – was mehr Risiken birgt als kostengünstige ETFs.“
Christoph R. Kanzler
Der Grund liegt für den Autor im vollkommen falschen Verständnis davon, welche Aufgaben die Kapitalmärkte eigentlich haben und wie jede:r davon profitieren kann. Dabei nimmt er auch die Politik und Medien stark mit in die Verantwortung, die das Thema für ihn unnötigerweise negativ behaften und mit einer Vielzahl von irreführenden Meldungen unterm Strich nicht zu einer Besserung beitragen. Er distanziert sich zudem deutlich vom Stock-Picking und von pseudo-wissenschaftlichen Bierdeckel-Analysen der Finanzblogger:innen.
In seinem Buch gibt er das ganze Thema in einfacher Sprache wieder. Er möchte damit zeigen, dass Geldanlage und Investieren deutlich weniger komplex sind, als Finanzindustrie und Medien es gerne darstellen.
Damit appelliert er an die Menschen selbst, sich zu bilden und eigene Entscheidungen zu treffen, Erfolgsgeschichten zu schreiben und damit sukzessive weg zu kommen von den schlechten Nachrichten darüber, wie andere aus Unwissenheit keine oder vollkommen falsche Investment-Entscheidungen getroffen haben und daran zugrunde gingen.
Seine Grundregeln fasst er am Ende des Buches auch nochmal zusammen:
- Lass dich nicht von Medien und Börsengurus verführen
- Widerstehe Verlockungen
- Verzichte auf wildes Kaufen und Verkaufen
- Du legst dein Geld nicht an, um dich vor einem Crash zu schützen
Unterm Strich macht dies das Buch zu einem guten Einsteigerbuch für all diejenigen, die sich mit den Fachbegriffen auf dem Börsenparkett noch nicht ganz sicher fühlen und auf der Suche nach einfacher Sprache sind.
Am Ende hätte mich dieses Buch aber noch mehr überzeugen können, wenn der Autor den Leser:innen auch wirklich konkrete Anlagestrategien an die Hand geben würde. Da muss ich leider zugeben, sind andere Publikationen von Gerd Kommer, Jessica Schwarzer und Co. deutlich besser aufgestellt.
Die einzig konkreten Informationen, die man vom Autor bekommt: ETFs sollten die erste Wahl sein und man sollte sich die Welt-AG in einer Mischung aus Anleihen und Aktien aufbauen, abhängig von Alter und individueller Risikobereitschaft. Das ist für meinen Geschmack für ein Einsteigerbuch ein Stück zu wenig. Es wäre ein Leichtes gewesen, danach zumindest ein paar Depotempfehlungen abzugeben, ein Beispielportfolio zu skizzieren und dabei vielleicht auch ein paar Indizes oder Quellen für diese zu nennen, damit die Leser:innen das Gelesene auch umsetzen können. Zumal das Buch mit knapp 200 Seiten dadurch nicht überladen wäre. Ganz im Gegenteil – es würde das Buch abrunden.
So wirkt es offen gestanden leider ein wenig wie ein Trichter, der zur persönlichen Finanzberatung, zu den Weiterbildungsvideos und dem Blog des Autors führen soll. Denn unterm Strich ist dieses Buch doch recht lösungsarm. Selbstverständlich bekommen wir die Ansätze vermittelt, aber zum Selfmade-Aktionär macht uns das noch lange nicht. Insbesondere, wenn es sich bei der Zielgruppe um absolute Einsteiger:innen handelt, erwarte ich von einem sehr guten Einsteigerbuch auch ein Musterportfolio, um den Leser:innen die Grundsteinlegung ihrer Finanzen so einfach wie möglich zu gestalten.