WAY OF THE WOLF von Jordan Belfort* ist das neuste Werk des weltweit bekannten Verbrechers. Eine größere Öffentlichkeit wurde vor allem durch den Film The Wolf of Wall Street von Martin Scorsese auf ihn aufmerksam. Schon im Hollywood-Film wird der Wandel des durch Leonardo DiCaprio dargestellten Hauptcharakters vom Hochstapler zum Motivationscoach sichtbar. Zum Ende hin teasert er auch dort schon sein Straight-Line-Seminar, das andere dazu befähigen soll, erfolgreich zu werden. / Anzeige
Man kann davon halten, was man möchte.
Ich fände es höchst verwerflich und hätte dieses Buch auch deutlich abgestraft, wenn der Autor sich nicht selbst mehrfach reflektiert hätte. Auch an seine Leser richtet er mehrfach den Appell, Anständiges mit dem Wissen anzufangen.
Er hat nun einmal seine Vergangenheit und die ist Fluch und Segen zugleich. Segen, da er nur dadurch diese Aufmerksamkeit erhalten hatte. Und Fluch, weil alle wissen, dass er sein Geld nicht auf ehrliche Art und Weise verdient hatte. Und dass er damit zu Recht im Gefängnis landete.
Dieses Buch fasst nun die wichtigsten Erkenntnisse seines Straight-Line-Seminars zusammen und macht diese Inhalte einer breiten Masse zugänglich.
Es geht um die Kunst der Überzeugung, des Einflusses und des Erfolgs, wie der Untertitel schon korrekterweise verspricht.
Das Straight-Line-Konzept kommt besonders in Verhandlungen zur Geltung. Dabei geht es darum, immer wieder zurückzukommen auf die gerade Linie zwischen der Ausgangssituation und dem persönlichen Zielzustand. Störfaktoren, Ausreden, Vorwände und unnötige Diskussionen am Rande des eigentlich Relevanten sollen ausgeschaltet, im Idealfall antizipiert werden. Das Hauptziel ist es dabei, sich stets auf der Linie zu bewegen. Und somit schnellstmöglich und ohne Reibungsverluste zum Erfolg zu kommen.
Damit offenbart Jordan Belfort zum ersten Mal Inhalte aus seinem System außerhalb seiner 2.000 EUR teuren Seminare. Ob der ursprüngliche Preis dafür gerechtfertigt war, sei mal dahingestellt. Er ergab sich wohl vielmehr aus Angebot und Nachfrage.
An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:
Jordan Belfort wurde 1962 im Stadtteil Queens in New York geboren. Er studierte an der American University und verdiente bereits mit 26 Jahren an der Wall Street als Broker Millionen. Mit 36 wurde er für seine kriminellen Machenschaften verhaftet und verbrachte Jahre seines Lebens im Gefängnis. Heute lebt er als erfolgreicher Motivationsredner in Los Angeles.
Die lobenden Texte auf dem Backcover zum Inhalt hatten mich zunächst extrem abgeschreckt. Meiner Meinung nach hätten hier etwas weniger dick aufgetragene Floskeln sicherlich auch ihr Soll erfüllt. Erst sehr spät wird endlich einmal von der böshaften Manipulation gesprochen, zu der Jordan Belfort sein System genutzt hat. Die kritische Einordnung hätte meiner Meinung nach deutlich früher erfolgen müssen (!), aber immerhin kam sie zum Schluss noch.
„Ich muss zugeben, dass mein Leben hauptsächlich für meine verrückte Vergangenheit bekannt ist. Das ist jedoch nur ein kleiner Teil davon und nicht der, auf den ich besonders stolz bin oder für den ich in Erinnerung bleiben möchte.“
Jordan Belfort
Sein Buch widmet er Menschen, die in ihrem Leben auf die ein oder andere Art und Weise auf die Nase gefallen sind.
Menschen, die lernen mussten, wieder aufzustehen oder vielleicht auch noch dabei sind. Er möchte ihnen als Beispiel dienen für jemanden, der ebenfalls ganz unten angekommen war. Nur darf man an der Stelle sicherlich seine Situation nicht mit dem Durchschnitt vergleichen. Denn über die allermeisten Menschen wird wahrscheinlich kein Hollywood-Film mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle gedreht werden. Und so kommen auch nicht automatisch unzählige Besucher in die eigenen Seminare.
„Alles, was man über mich sagt, ist wahr, ich bin einer dieser geborenen Verkäufer, die einem Eskimo Eis, einem Araber Öl, einem Rabbi Schweinefleisch oder jedem anderen alles Mögliche verkaufen können. […] Wie dem auch sei, das ist meine Gabe: Ich bin fähig, alles an jeden zu verkaufen, und zwar in großen Mengen; und ob diese Gabe von Gott kommt oder naturgegeben ist, kann ich wirklich nicht sagen, aber was ich mit absoluter Gewissheit sagen kann, ist, dass ich nicht der einzige Mensch bin, der mit dieser Gabe geboren wurde.“
Jordan Belfort
Fraglich, ob das unbedingt ein Prädikat ist, das man tragen möchte. Was hier an vielen Stellen als „Gabe“ beschrieben wird, könnte man auch problemlos Skrupellosigkeit, fehlendes Wertegerüst oder ausgeprägten Egoismus nennen. Ich empfinde es als unglaublich, dass das leider so lange Zeit im Buch komplett unkommentiert und nicht eingeordnet stehen bleibt. Erst am Ende folgt dann eine Art Versprechen an sich selbst, das alle Leser sich und ihm geben sollen:
„Ich werde die Strategie, die ich gleich lernen werde, niemals dazu verwenden, meine potenziellen Kunden zu manipulieren, damit sie gegen ihre eigenen Interessen handeln. Wenn ich es trotzdem tue, dann verdiene ich die gleichen zehn Jahre Schmerz und Leid, die Jordan ertragen musste.“
Schlussendlich kann ich dem Buch durch diese Wende dann doch noch eine gute Bewertung geben.
Denn inhaltlich habe ich ansonsten wenig zu kritisieren. Als Leser erfährt man viel über die ersten vier Sekunden eines Gespräches, den richtigen Tonfall und die passende Körpersprache. Ebenso über die Kunst der Kundenakquise und die gezielte Verkaufspräsentation.
Die Kunst des Loopings ist die zentrale Taktik, um die Interessenten immer wieder zurück auf die Straight-Line zu bringen. Sie nimmt zu Recht einen sehr großen Teil des Buches ein.
Insgesamt ein spannendes und sicherlich interessantes Vertriebsbuch. Es lohnt sich, sich seinen Ansatz einmal zu Gemüte zu führen. Vor allem wer im Vertrieb unterwegs ist und mit Telefonleitfäden arbeitet, kann sicherlich das ein oder andere direkt übernehmen. Oder zumindest die eigenen Skripte entsprechend anpassen lassen bzw. Impulse an die Vertriebs- und/oder Geschäftsleitung weitergeben.
Auch ich konnte noch einiges dazulernen. Es gab aber auch viele Parallelen zu vorherigen Büchern zum Thema Verhandlung und Verkauf, die ich bereits lesen durfte.
Es kommt leider meiner Meinung nach nicht ganz an wirklich empfehlenswerte Werke heran.
Da denke ich an Deal von Jack Nasher* oder Verkaufen von Martin Limbeck*. Es ist aber dennoch ein Buch, das zumindest den Glamour von Hollywood versprüht und damit ein gewisses Maß an gefühlter Exklusivität. Das Straight-Line-Konzept an sich ist aber sicherlich keine Raketenwissenschaft. Es ist leicht umzusetzen und für viele erfahrene Vertriebler auch nicht sonderlich neu.
Mich interessierte vor allem, wie vehement Jordan Belfort in Anlehnung an das System mit seinen Kunden umging. Man spürt förmlich die Szenen, die man auch aus dem Film kennt: Im Grunde ist es egal, welche Ein- und Vorwände der Kunde präsentiert. Denn die Straight-Line ist definiert und Belfort mehr als motiviert, sie nicht aus den Augen zu verlieren.
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