Das neue Buch von Ray Dalio beschäftigt sich mit weltwirtschaftlichen Veränderungen im Zeitverlauf und nimmt dabei Bezug auf die USA von heute
Politik

Weltordnung im Wandel

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★★★☆☆

WELTORDNUNG IM WANDEL von Ray Dalio* ist das neue, spannende Werk der Investment-Legende. Dieses Mal widmet sich der Hedgefonds-Manager dem Aufstieg und Fall von Nationen. Das Buch kommt im beinahe identischen Format und Layout daher wie sein Werk Die Prinzipien des Erfolgs* (hier kommst du zur Rezension). Auch die Ausdrucksweise ist ähnlich herausfordernd und der Umfang des Buches sicherlich überdurchschnittlich. / Anzeige

Es handelt sich aber eben auch um ein Thema, das man nicht mal so eben im Vorbeigehen darlegt. Vielmehr finden die Leser hier eine interessante Studie über die großen Imperien der Vergangenheit und Gegenwart. Darunter das niederländische, britische, chinesische und amerikanische Großreich. Im Unterschied zu seinem letzten Buch bietet der Autor aber zusätzlich eine Art Überholspur durch Hervorhebungen im Text. Wem die Ausführungen also an der einen oder anderen Stelle zu sehr ins Detail gehen, der kann einfach Teile überspringen und sich an den fett markierten Stellen entlanghangeln.

Als zentrale These beschreibt Dalio einen großen Zyklus. Dieser habe die Erfolge und Misserfolge aller großen Länder der Welt im Laufe der Geschichte bestimmt. Grundlage für diese Argumentation sind die politischen und wirtschaftlichen Beobachtungen, die Ray Dalio während seine mehr als 50-jährigen Karriere sammeln durfte. „Auf der Suche nach einer Erklärung entdeckte er, dass solche Kombinationen von Bedingungen charakteristisch für Perioden des Übergangs waren, in denen sich Reichtum und Macht in einer Weise verschoben, die die Weltordnung neu gestaltete.“

Damit nimmt Dalio konkreten Bezug auf die aktuelle politische und wirtschaftliche Entwicklung der USA.

Er sieht hier Parallelen zu frühen Wechseln an der Spitze der Weltwirtschaft. Seiner Ansicht nach wird China bereits in wenigen Jahren oder maximal Jahrzehnten die führende Rolle in der Welt übernehmen.

In diesem Werk analysiert Ray Dalio die turbulentesten wirtschaftlichen und politischen Phasen der Geschichte. Daraus möchte er ableiten, warum die vor uns liegenden Zeiten sich radikal von denen unterscheiden werden, die wir bisher erlebt haben. Für mich steckt in solchen Formulierungen etwas zu viel Clickbait. Das ist auch mein größter Kritikpunkt am Buch. Zusätzlich ist es wieder sehr umständlich geschrieben. Viele Themen hätte man glatter und einprägsamer formulieren oder visualisieren können. Das Layout ist zwar äußerlich dasselbe wie bei Die Prinzipien des Erfolgs*, aber bei der Gestaltung des Buchinneren hat man sich nicht mehr so viel Mühe gegeben.

Darüber hinaus ist sein kompletter Ansatz für meinen Geschmack zu oberflächlich. Eine starke Vereinfachung auf ewige Zyklen wirkt für mich etwas überspitzt. Vor allem in Kombination mit der These, dass radikalere Veränderungen auf uns zukommen als jemals zuvor. Zumal die Evidenz dafür nicht gegeben ist. Es erinnert mich ein Stück weit an die Aussagen von Benjamin Graham in seinem großen Werk Intelligent Investieren*. Dort lehrt er uns, dass wir Menschen unglaublich gut darin sind, Zusammenhänge und Muster zu erkennen. Selbst, wenn es faktisch gar keine gibt. Unser menschliches Gehirn liebt es, nach solchen Zusammenhängen zu suchen. Und es ist grandios darin, sie zu konstruieren, sollten wir sie nicht auf Anhieb finden können.

Das ändert aber nichts daran, dass die Gedankengänge und Analysen von Ray Dalio in vielen Bereichen logisch, fundiert und interessant klingen. Darüber hinaus finde ich es auch grundsätzlich spannend, der Meinung einer solchen Persönlichkeit zu lauschen. Wann hat man schon mal die Chance, sich mit einem der tonangebenden Menschen dieser Welt zu unterhalten?

Trotzdem möchte ich an dieser Stelle noch einmal auf etwas aufmerksam machen, das mir immer wieder sauer aufstößt.

Nämlich, wenn wir in der Literatur Korrelation und Kausalität miteinander verwechseln. Gerade in der Finanzbranche ist das ein immer wieder anzutreffendes Phänomen. Ich möchte an dieser Stelle keinen wissenschaftlichen Diskurs lostreten. Aber es ist schon faszinierend zu beobachten, wie vielen Menschen dieser Unterschied nicht bewusst ist. Oder wie viele ihn vielleicht auch wissentlich ignorieren. Gerade in der Welt der Prognosen sind wir nämlich grandios im Mutmaßen und grausam im Vorhersehen. Das hat nicht zuletzt Nate Silver in seinem Buch Die Berechnung der Zukunft* auf den Punkt gebracht. Hier findest du meine Rezension dazu.

Ein paar Worte zum Autor, obgleich er wohl einer der bekanntesten Autoren im Wirtschaftsbereich ist.

Ray Dalio ist Gründer von Bridgewater Associates, dem weltgrößten Hedgefonds. Er gehört zu den einflussreichsten Menschen der Welt. Nach seinem Abschluss an der Long Island University besuchte er die Harvard Business School und jobbte an der Wall Street. 1975 gründete der damals 26-jährige Ray Dalio seinen eigenen Hedgefonds. Im Finanzbereich ist er darüber hinaus für sein Allwetter-Portfolio bekannt.

Manch einer fragt sich vielleicht, weshalb Ray Dalio sich nun zu politischen Themen äußert.

In seiner Funktion als Hedgefonds-Manager musste er sich in den letzten rund 50 Jahren notgedrungen mit den wichtigsten politischen und wirtschaftliche Faktoren weltweit auseinandersetzen. Solche Entwicklungen sind für ihn also kein neues Thema. Vielmehr fasst er Erfahrungen und Analysen zusammen, die er ohnehin anstellen und verarbeiten musste. Seine Anleger haben von ihm erwartet, dass er sich Gedanken darüber macht, ob Länder und ihre Märkte florieren oder scheitern.

„Vor ein paar Jahren fiel mir auf, dass verschiedene maßgebliche Entwicklungen einsetzten, wie ich sie noch nie erlebt hatte, die sich jedoch in der Geschichte so oder ähnlich bereits abgespielt hatten. Vor allem beobachtete ich, dass eine hohe Verschuldung mit niedrigen oder negativen Zinsen zusammentraf, wodurch für die drei großen Reservewährungen der Welt die Druckerpressen angeworfen wurden, dass es in einzelnen Ländern zu heftigen politischen und gesellschaftlichen Konflikten kam – vor allem in den USA, wo die Unterschiede bei Wohlstand, politischen Einstellungen und Werten seit rund hundert Jahren nicht mehr so groß waren – und dass sich China zu einer neuen Weltmacht aufschwang, die die bisherige Weltmacht (die USA) und die bestehende Weltordnung infrage stellte. Ähnliche Entwicklungen hatte es zuletzt in den Jahren von 1930 bis 1945 gegeben.

Das fand ich höchst bedenklich. Ich wusste, ich konnte nur richtig verstehen, was da passierte, und mit künftigen Entwicklungen zurande kommen, wenn ich mich mit Präzedenzfällen befasste. So entstand dieses Forschungspapier über den Aufstieg und Fall von Imperien, ihre Reservewährungen und ihre Märkte.“
Ray Dalio

Immer wieder thematisiert der Autor in seinem Buch einen große Zyklus.

Dieser bewege sich zwischen zwei Polen: 1) friedlichen, florierenden Phasen von hoher Kreativität und Produktivität, die den Lebensstandard enorm heben, und 2) Depression, Revolution und Kriegszeiten. In diesen wird intensiv um Vermögen und Macht gerungen und viel Wohlstand, Leben und anderes Wertvolle vernichtet.

„Lassen Sie mich bitte klarstellen, dass ich zwar diese vergangenen Zyklen beschreibe, aber nicht zu den Menschen gehöre, die glauben, dass die bisherige Entwicklung immer so weitergeht, ohne die Kausalitätsmechanismen zu verstehen, die zu Veränderungen führen. Mein Ziel ist in erster Linie, auch Ihnen diese Ursache-Wirkungs-Beziehungen deutlich zu machen und die gewonnenen Erkenntnisse heranzuziehen, um auszuloten, was auf uns zukommen könnte, und uns im Grundsatz darauf zu einigen, wie dann am besten zu verfahren ist.“
Ray Dalio

Dieses Buch ist vor allem für politisch und wirtschaftlich interessierte Personen eine spannende Lektüre.

Dazu sollte man geschichtliches Interesse und viel Ausdauer mitbringen. Etwas Vorwissen kann sicherlich auch nicht schaden. Zum Einstieg wird es vielleicht zu komplex und langatmig sein. Aber wer sich reinbeißen möchte oder generell ein Faible für solche Literatur hat, wird auf seine Kosten kommen.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, auch wenn es mich unterm Strich nicht vom Hocker gehauen hat. Und an der einen oder anderen Stelle wirkte es dann doch etwas amerikanisch überdreht.

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